Sie sind hier:Eingang | Weltgeschehen | Preparata: Die Einschwörung Hilters 5: Die Belagerung Deutschlands
s
Guido Giacomo Preparata: Die Einschwörung Hitlers: Wie Britannien und Amerika das Dritte Reich verursacht haben
Quelle Conjuring Hitler: How Britain and America Made the Third Reich Von Guido Giacomo Preparata
Taschenbuch Verlag: Pluto Press (5. August 005)
Sprache: Englisch ISBN-10: 074532181X ISBN-13: 978-0745321813
Im Sommer 1914 stellte sich Deutschland nach dem Mord in Sarajevo hinter Österreich und Russland hinter Serbien. Die englische Diplomatie konnte nun beide in die Falle stürzen lassen: Den Verbündeten ebenso wie den Feind.
Am 6. Juli informierte Großbritanniens Außenminister, Lord Grey, den deutschen Botschafter, dass Russland nicht bereitet sei zu intervenieren, und dass Großbritannien weder mit Russland noch mit Frankreich eine bindende Verpflichtung eingegangen sei: Eine bewusste Lüge.[43] - 17 - Zwei Tage später versicherte der britische Außenminister den Russen, dass nach ‹sehr zuverlässigen militärische Quellen› die Deutschen rasch Divisionen nach Osten warfen, aber deren Kampfkraft nicht Besorgnis erregend war: Eine noch größere Lüge.[44]
Alle diese betrügerischen Signale, die das Außenministerium hinter verschlossenen Türen in die verschiedenen Richtungen ergehen ließ, begleiteten in Großbritannien öffentlich zur Schau gestellte Vermittlungsversuche im Namen von Frieden. Sie wurden initiiert, um die Massen zu täuschen.[45] Großbritannien hat es immer sehr gut verstanden, das internationale Durcheinander so zu weben, dass es den Gegner in die Position des Angreifers drängte und für sich die Rolle des friedliebenden Verteidigers reservierte. Dies war eine psychologisch zurechtgeschneiderte Massenverführung. Von derlei Tricks hatten die Deutschen weder eine Ahnung noch durchschauten sie sie.
Österreich stellte Serbien das Ultimatum: Umfassende Vorkehrungen zu treffen, um jede Form antiösterreichischer Propaganda in Serbien zu unterbinden, und eine formale Untersuchung der Mordaffäre einzuleiten, an der Vertreter des österreichischen Reiches zu beteiligen wären.[46] Serbien akzeptierte jeden Punkt außer dem letzten, und bot in einem theatralischen diplomatischen Gegenschritt an, das internationale Gericht in Den Haag zur internationalen Schlichtung anzurufen. Offensichtlich wurde Serbien von seinen Gönnern, die schon lange auf diesen Moment gewartet hatten, angehalten, das Ultimatum zurückzuweisen: Bereits am 25. Juli begann das britische Schatzamt für die Kriegskosten besondere Banknoten, die nicht gegen Gold einlösbar waren, zu drucken.[47]
Der Krieg gegen Serbien, in den Österreich absichtlich auf Ersuchen Russlands durch die zersetzenden Intrigen Serbiens hineingezogen wurde, war eine Falle, in die Österreich tappte, weil es nicht wusste, dass sie von Russland aufgestellt worden waren, um einen Vorwand zur allgemeinen Mobilmachung und zum Krieg zu schaffen und um Österreich und Deutschland vor der Welt als die eigensinnigen Auslöser des großen Konflikts erscheinen zu lassen.[48]
Die Armeen Kaiser Franz Josefs bereiteten den Angriff auf Serbien vor, Wilhelm stimmte fröhlich zu, weil er die Konsequenzen nicht übersah. Nach einer weiteren Runde von oberflächlichen, diplomatischen Tänzen zwischen London, Berlin, Paris und Sankt Petersburg stürmte Österreich-Ungarn vor und beschoss am 28. Juli Belgrad. Der Krieg hatte begonnen.
Russland mobilisierte, insgeheim von Frankreich, das Hilfe zugesagt hatte, angefeuert, entlang seiner Westgrenze.[49] Die deutsche Generalität wartete nervös auf grünes Licht vom Kaiser, um die Schlieffen-Offensive einzuleiten. Pourtalès, der deutsche Botschafter in Sankt Petersburg, eilte ins Außenministerium und forderte Außenminister Sazanow auf, die russische Mobilmachung zu beenden. Er flehte ihn dreimal an. Als der russische Minister zum letzten Mal ablehnte, reichte ihm Pourtalès mit zitternder Hand Deutschlands Kriegserklärung. Das geschah am 1. August.
Allerdings wachte Wilhelm, als ihm die Nachricht von russischen Truppenkonzentrationen überbracht wurde, aus seiner Erstarrung auf und zwang sich die Wahrheit dessen, was geschehen ist, anzuerkennen: - 18
«Auf diese Weise hat sich uns die Dummheit und Ungeschicklichkeit unseres Verbündeten zu einer Schlinge geformt. Somit ist die viel beschworene Einkreisung Deutschlands schließlich zur vollendeten Tatsache geworden. Das Netz wurde plötzlich über unseren Köpfen zusammengezogen, und die ausschließlich deutschfeindliche Politik, die England verachtenswerter Weise auf der ganzen Welt betrieben hat, hat den spektakulärsten Sieg davon getragen, den zu verhindern wir uns als nicht fähig erwiesen haben. Dagegen haben sie uns trotz unseres Ringens infolge unserer Treue gegenüber Österreich ganz von alleine in das Netz laufen lassen, und fahren nun fort, unsere politische und wirtschaftliche Existenz zu erdrosseln. Das war eine großartige Leistung, die sogar diejenigen, für die sie eine Katastrophe bedeutet, anerkennen müssen.»[50]
So war es tatsächlich. Und die Schuld an dieser Katastrophe konnten sich die Deutschen nur selbst geben.
Zu Kriegsbeginn sinnierte Rasputin: ‹Keine Sterne sind mehr am Himmel ... Ein Ozean der Tränen ... Unser Mutterland hat noch nie ein solches Martyrium erlitten, wie dasjenige, das auf uns wartet... Russland wird in seinem eigenen Blut ertrinken›.[51]
Mit einem weiteren plötzlichen Theaterdonner erließ Großbritannien, gerade als sich Deutschland auf den Angriff an der Westfront vorbereitete, einen letzten raffinierten Friedensappell, indem es die kriegsbereiten Parteien darüber informiert, dass England zu Neutralitätsgarantien bereit wäre und sicherstellen würde, dass sich Frankreich in einem möglichen deutsch-russischen Konflikt nicht auf die Seite Russlands stellen würde, vorausgesetzt Deutschland würde Frankreich nicht angreifen. Diese letzte schelmische Faxe, die Wilhelm mit diabolischer Begriffsstutzigkeit für eine britische Billigung der deutschen Invasion gen Osten missverstand, löste beim bereits erschütterten deutschen Generalstabschef Helmuth von Moltke fast einen Nervenzusammenbruch aus; die deutsche Mobilmachung war abgeschlossen und er bestand darauf, dass die Armee in Marsch gesetzt werden musste.
Unter dem Druck des Generals verlangte die deutsche Regierung im Gegenzug nichts weniger als die Übergabe von zwei französischen Festungen (Toul und Verdun) als ‹Garantie› für Frankreichs Neutralität. Natürlich lehnte Frankreich das Angebot ab. Am 3. August erklärte Deutschland Frankreich den Krieg. In dem es von einer Falle zur anderen taumelte, stellte sich Deutschland als Weltaggressor dar. Abel Ferry, der französische Stellvertretende Außenminister schrieb in sein Notizbuch: ‹Das Netz war ausgelegt und Deutschland flog wie eine laut summende Fliege hinein.›[52]
In einer nächsten Wendung schloss Großbritannien den Kreis. Es wusste ja, dass von Moltke bereitstand, Ludendorffs Füsiliere durch Belgien vorstoßen zu lassen. Da erklärte die britische Regierung feierlich, dass sie den Verstoß gegen Belgiens Neutralität unmöglich tolerieren könne; sie beteuerte weiterhin, dass sie unbedingt an Frieden festhalten wolle und behauptete schamlos in aller Öffentlichkeit, dass sie keine geheimen Vereinbarungen weder mit Frankreich noch mit Russland unterschrieben hätte.[53]
Als der Schlieffen Plan anrollte und die Armeen des Reichs die Grenze nach Flandern überschritten, stellte Großbritannien Deutschland ein Ultimatum, von dem es wusste, dass es das Reich nicht mehr beachten würde. Aber um Überraschungen zu vermeiden (es sollte um Mitternacht auslaufen), nutzte das britische Kabinett die Zeitverschiebung zwischen London und Berlin und verkürzte die Wartefrist noch um eine Stunde. - 19 - Stumm um einen runden Tisch, der ordentlich mit einer grünen Tischtuch bedeckt war, versammelt, blickten die Minister heimlich auf die große Uhr, bis es 11:00 Uhr schlug. Zwanzig Minuten später stürmte Winston Churchill, der Erste Lord der Admiralität, in den Raum, um seine Kollegen darüber zu informieren, dass ein Telegramm überall hin ins Empire geschickt worden war, das die Königliche Flotte aufforderte, mit den Operationen zu beginnen.[54]
Und wo befand sich Adolf Hitler im Sommer 1914? Mit 25 bereits Veteran in Wiener Absteigen, einer unter den vielen bürgerlichen Versagern, schloss sich der junge Hitler als Freiwilliger einem bayrischen Regiment an. Ein Mann, der sich freiwillig meldet, sagt uns Pasternak, ist kein glücklicher Mann. Hitler selbst erinnert sich in Mein Kampf dieser Tage wie folgt:
«Ein paar Tage später trug ich schon den Waffenrock, den ich erst fast sechs Jahre später wieder ausziehen durfte. Für mich begann, wie für jeden Deutschen damit die größte und unvergesslichste Zeit meiner frühen Existenz. Verglichen mit den Ereignissen dieses gewaltigen Ringens, verblasste alles Spätere zu einem seichten Nichts.»[55]
Hitler kämpfte an der Westfront und verdiente mehrere Auszeichnungen für Tapferkeit.
Der deutsche Marsch durch Belgien und die ersten Zusammenstöße mit den Franzosen, die dabei in weniger als zwei Wochen 300.000 Mann verloren, war ein voller Erfolg für die Deutschen. Der Sieg schien sicher. Paris war nur noch 30 Meilen entfernt. Doch dann verlief etwas nach Massgabe des Schlieffenplans schief. Moltke, der den Sieg für gesichert hielt, schickte zwei Armeecorps nach Osten, weil ‹die Russen›, wie er ein Jahr später in seinen Memoiren erklärte, ‹schneller als erwartet in Ostpreußen einfallen konnten, und bevor wir den entscheidenden Sieg über die anglo-französische Armeen hatten erreichen können.› Er zog daraus den Schluss: ‹Ich erkenne nun, dass dies ein Fehler war, einer für den wir an der Marne bitter bezahlen mussten.›[56]
Was sich im Laufe der Offensive an der Marne wirklich zugetragen hat, als Moltke angeblich seinen Verstand verloren hat, und die Kommunikation zwischen mehreren Armeecorps der sonst fest gefügten, deutschen Kriegsmaschine zusammenbrach, bleibt ein Geheimnis. Doch aus dem einen oder anderen Grund wurde Deutschland von seinen Gegner zu einem weit größeren Grad als erwartet bedrängt und war letztlich nicht in der Lage, den Schlieffen Plan so rasch abzuwickeln wie es ursprünglich in der noch ungewohnten Umwelt des modernen Industriekriegs beabsichtigt war.
Der deutsche Vorstoß im Westen kam zum Stehen, und in den nächsten Monaten versuchten die Franzosen die Deutschen aus ihren Stellungen zu werfen. Keine Seite konnte gegen die Feuerkraft der anderen Fortschritte erzielen. Eine Reihe fehlgeschlagener Bemühungen, die gegnerischen Stellungen zu umgehen, führte nur dazu, dass sich die Front am einen Ende bis an den Ärmelkanal am anderen bis zur Schweizer Grenze erstreckte. Trotz Millionen von Ausfällen blieb diese Frontlinie vom Meer bis an die Alpen nahezu 3 Jahre lang unverändert.[57]
Eingekeilt zwischen dem Grabenkrieg im Westen und einer sich verfestigenden Seeblockade, die Großbritannien immer enger um das Vaterland zog, wobei es neutrale Anrainerstaaten gegen internationales Recht mit einschloss, versuchten die Deutschen auszubrechen. Doch weder Deutschlands Widerstand an der Heimatfront noch der uneingeschränkte U-Boot Krieg von 1917 konnten die Belagerung sprengen.
- 20 Auf dem Kriegsschauplatz im Osten verlief die Sache des Reiches im Spätsommer nicht gut: die Front wurde durchbrochen.
General Hindenburg war ‹ein pensionierter Offizier, dessen Hauptbeschäftigung seit einigen Jahren darin bestand, an einem Marmortisch vor einem Cafés in Hamburg zu sitzen und Bierlachen zu erzeugen›. ‹Zum Vergnügen junger deutscher Militärkadetten, die ihn für nicht recht bei Trost hielten, [erklärte er], dass diese Pfützen die Masurschen Seen darstellten, in denen er den Feind ertränken wolle, wenn er jemals das Glück bekäme, eine Armee in diesem Gebiet zu befehligen›.[58] Er hatte sich bei Ausbruch der Feindseligkeiten freiwillig zum Dienst in der Armee zurückgemeldet, war aber abgelehnt worden. Doch sein Glück traf trotzdem ein, als das Hauptquartier plötzlich den alten General wegen seiner weitreichenden Vertrautheit mit dem Gelände, in dem die Schlacht gegen die Russen geführt wurde, einberief.
Hindenburg kehrte rasch das Ergebnis der Kämpfe um. Dabei wurde er von Ludendorff begleitet, den von Moltke aus Belgien nach Ost-Preußen (dem heutigen nordöstlichen Polen) geschickt hatte, um bei der deutschen Gegenoffensive zu helfen. Er leitete während der Schlacht vom 8-15. September die Kämpfe an den Masurischen Seen, die in ihrer Endphase auf russischem Boden ausgetragen wurden.
Ob auch andere Generäle diese Siege hätten für sich beanspruchen können,[59] ist eine Frage von geringer Bedeutung angesichts der deutschen Erfolge im Osten während des ganzen Jahres 1915. Obwohl der völlige Zusammenbruch des Feindes nicht gelang, setzte das Vordringen Deutschlands im Osten den russischen Zar Nikolaus II so sehr in Alarm, dass er selbst den Oberbefehl über die Streitkräfte übernahm.
Im Juni 1916 versuchte der russische General Brusilow, der wegen seiner Zerschlagung der österreichischen Armeen zu Beginn des Krieges zum Held erklärt worden war, vom rumänischen Grenzgebiet aus eine massive Offensive nach Westen gegen Deutsch-österreichische Streitkräfte. Drei Monate lang blieb der Ausgang dieses Angriffs unbestimmt, doch waren die Verluste unerhört: die Mittelmächte verloren 600.000 Mann und die Russen über eine Million.
[45] Der Philosoph Bertrand Russel hatte geschrieben: «Ich hatte schon Jahre zuvor bemerkt, wie sorgfältig uns Sir Edward Grey belog, um die Öffentlichkeit davon abzuhalten, die Methoden zu erkennen, nach denen er uns für den Kriegsfall zur Unterstützung Frankreichs verpflichtete» (Fromkin, Peace, S. 125)