«Nicht wenige kluge Leute werden jedes Wort überflüssig finden, das über die sonderbare Zusammenkunft gesprochen wird, die vor wenigen Tagen unter dem Namen «Zionisten-Kongreß» in Basel stattgefunden hat. Daß sich eine Anzahl europamüder Juden zusammenfindet, um die Idee zu propagieren, ein neues palästinisches Reich aufzurichten und die Auswanderung der Juden nach diesem neuen «gelobten Lande» zu bewirken, erscheint diesen Klugen als wahnsinnige Vorstellung einer krankhaft erregten Phantasie. Bei diesem Urteile beruhigen sie sich. Sie sprechen nicht weiter über die Sache. Ich aber glaube, daß diese Klugen mit ihrem Urteile um zehn Jahre hinter ihrer Zeit zurückgeblieben sind. ..»
ROBERT HAMERLING: «HOMUNKULUS»
«Es ist gewiß nicht zu leugnen, daß heute das Judentum noch immer als geschlossenes Ganzes auftritt und als solches in die Entwickelung unserer gegenwärtigen Zustände vielfach eingegriffen hat, und das in einer Weise, die den abendländischen Kulturideen nichts weniger als günstig war. Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und daß es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte, dessen Folgen nicht ausbleiben konnten. Wir meinen hier nicht die Formen der jüdischen Religion allein, wir meinen vorzüglich den Geist des Judentums, die jüdische Denkweise.»
Aus: Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 32: Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884 - 1902 Aufsätze, Nachrufe und Würdigungen in Zusammenhang mit zahlreichen bedeutenden Persönlichkeiten des literarischen Lebens; Besprechungen und Beiträge zu wichtigen literarischen Ereignissen und Erscheinungen um die Jahrhundertwende
Rüdiger Blankertz Judentum und Anthroposphie: RUDOLF STEINER ÜBER DAS JUDENTUM Eine Studie zu dem Aufsatz Rudolf Steiners
‹Die Sehnsucht der Juden nach Palästina› [1897]
«Anhand seines Aufsatzes erweist sich, daß Rudolf Steiner scheinbar ganz nebenbei zu überraschend exakten Voraussagen über die weitere politische Entwicklung der «Judenfrage» in der Lage war. Rechnet man die von ihm angegebenen 20 Jahre weiter, nach denen es nicht mehr möglich sein würde, die Dinge so ignorant anzusehen, so findet man sich im Jahre 1917 wieder. Dieses Jahr war das Jahr der Entscheidung in dem Vorgang, den Rudolf Steiner als «die Weltkatastrophe» bezeichnen zu müssen glaubte. ...»
JUDENTUM UND ANTHROPOSOPHIE Ralf Sonnenbergs »Rezeption« der Anthroposophie und seine Referenzen [8.Mai 2001
JUDENTUM UND ANTHROPOSOPHIE Ralf Sonnenbergs »Rezeption« der Anthroposophie und seine Referenzen
[8.Mai 2001]
Inhalt
Zur Zeitlage. 2
Irritationen. 5
Der Salon des Homunkulus, sein Opernglas und die »Bühne des Weltgeschehens«. 8
Der »Schleier des Rätselhaften«. 12
Die Geisteswissenschaft, die Religion, ihre Moral und der Richter 14
Zur veränderten Zeitlage 18
Rüdiger Blankertz Besprechung [Januar 2001 11 Seiten A4] Ralf Sonnenberg: Rudolf Steiners Beurteilung von Judentum, Zionismus und Antisemitismus Fragen, Problemstellungen, künftige Forschungsprojekte
In: Jahrbuch für anthroposophische Kritik 2000, S. 113 169
und: »Zionismus, Dreigliederungsimpuls und die Zukunft des Judentums Jüdische Rezipienten der Anthroposophie vor dem Holocaust« in »Die Drei«, Nr. 1 / 2001
Sonnenberg Absicht ist erklärtermaßen, zu einer anstehenden methodologischen Diskussion um die Art und Weise einer möglichen »modernen Steiner-Rezeption« anzuregen. Er sieht die Notwendigkeit zu einer Neuorientierung gegenüber dem literarischen Werk Rudolf Steiners im besonderen darin begründet, daß gerade in der aktuellen Diskussion um einen angeblichen Antisemitismus Steiners die Verteidiger der Anthroposophie aus einer hagiographischen Grundeinstellung heraus es versäumen, den überlieferten Aussagen des Begründers der Anthroposophie eine »angemessene historische Kontextualität« zukommen zu lassen....
Steiner wird von Sonnenberg forsch in zwei Personen zerlegt: in einen aus »seelischer Beobachtung«, also quasi »objektiv« sich äußernden »Geistesforscher« und einen Zeitgenossen der Jahrhundertwende, der unbedacht ob seiner Wirkung seine bloß subjektive Meinung kund gibt. Im weiteren Vorgehen verlegt Sonnenberg sich darauf, vor allem diejenigen Äußerungen Rudolf Steiners, die er als »subjektive Meinung« auffassen möchte, in einen »historischen« Kontext zu stellen, der sich ihm aus seiner akademischen Bildung erschließt. Mit diesem Verfahren steht Sonnenberg nicht allein. Dessen Grundzüge hat Rudolf Steiner selbst bereits 1884 charakterisiert und kritisiert ...
Hitler hat in einem gewissen Sinne den traditionellen religionspolitischen Gehalt der «Judenfrage» ad absurdum geführt. Das simple Rezept, die (4) Juden als die Feinde der erlösten Menschheit zu behandeln, verspricht keinen Effekt mehr in einer Welt, deren Christlichkeit selbst problematisch ist. Es könnte eine Dokumentation echter christlicher Demut sein, wenn man eine gewisse intellektualistische Einseitigkeit auf dem Gebiete des theoretischen Natur und Weltverständnisses als menschheitsfeindlich empfinden wollte. Man könnte sich die entschieden «jüdische» Tönung einer modernen Physik eingestehen, für die der Name Einsteins repräsentativ ist. Die Frage der Bereitwilligkeit oder Nichtbereitwilligkeit der Juden zum Erlöstsein könnte sich in die Frage verwandeln, ob der einseitige «jüdische» Wissenschaftsintellektualismus, wenn er von Christen praktiziert wird, das Stadium der Erlösungsbedürftigkeit bereits überwunden habe. Es fehlt uns der sichere natürliche Instinkt, um hinter gewissen wissenschaftlichen Haltungen einen nackten Zynismus zu erkennen, Wer etwa bei Goethe Ehrfurcht gelernt hätte vor dem Welt und MenschenGeheimnis, wird sich abgestoßen fühlen von der leichten Art, wie im Stile Einsteins der Übergang vom PhoronomischMathematischen zum Realen fingiert wird. Der Zynismus einer wurzellosen Intelligenz spricht aus dem berühmten Axiom . «Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.» (Einstein, in «Geometrie und Erfahrung» ).