Rüdiger Blankertz
Wortlaut-Fälschung in GA 30?
«Wir sollten den Leser möglichst nicht beunruhigen»
Eine willkürliche Textänderung durch eine Mitarbeiterin des Rudolf-Steiner-Verlages an dem Text des Aufsatzes von Rudolf Steiner: «Der Individualismus in der Philosophie» (GA 30) wirft Fragen auf, an denen man nicht vorübergehen sollte. [September 2004]
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Siehe auch:
Vor 15 Jahren wurde in der seit 1961 vorhandenen ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› Nr. 30 [1] von einer Mitarbeiterin des Rudolf-Steiner-Verlags eine willkürliche Änderung an einem Wortlaut Rudolf Steiners vorgenommen. Dies geschah bei der Vorbreitung der 3. Auflage. Betroffen ist die zentrale Aussage in dem wichtigen Aufsatz ‹Der Individualismus in der Philosophie› aus dem Jahre 1899. Der Sinn des Satzes wurde ins Gegenteil verkehrt. Die Textänderung ist erst am 11.9.2004 einem aufmerksamen Leser aufgefallen und von ihm durch einen entsprechenden Hinweis im Internet öffentlich gemacht worden.[2] «11. September 2004: 15 Jahre zu spät entdeckt: der Originaltext der 1899 erschienenen Abhandlung «Der Egoismus in der Philosophie» von Rudolf Steiner wurde für die 1989 erschienene Ausgabe des Bandes Nr. 30 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe zumindest an einer Stelle entscheidend und den Sinn verkehrend geändert. - Die Ausgabe von 1961 enthält noch den korrekten Wortlaut.» Schon am 15.9.2004 erfolgte eine Reaktion des Leiters der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dr. Walter Kugler, auf diese Entdeckung. Seine Äußerung wird hier zum Anlaß genommen, zu fragen, inwiefern ein solcher Umgang mit den Texten Rudolf Steiners, wie er in dieser Willkür zum Ausdruck kommt, heute als durchaus symptomatisch angesehen werden müßte. Dabei kann deutlich werden, wie Rudolf Steiner bereits 1899 eine klare Diagnose der geistigen Verfassung gibt, aus der das unwillkürliche Mißverstehen seiner Anschauungen sich anscheinend stets erneuert.
[1] «Methodische Grundlagen der Anthroposophie. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwissenschaft, Ästhetik und Seelenkunde 1884 1901» 3. Auflage, Dornach 1989
Eine willkürliche Textänderung. 4
Was wurde verändert?. 6
Was ist dadurch mit dem Text geschehen?. 8
Kann die willkürliche Textänderung eine Nachlässigkeit oder ein Versehen gewesen sein?. 8
Was veranlaßte die Herausgeberin zu der Textänderung?. 10
Was sagt Rudolf Steiner heute zu diesem Vorgehen?. 13
Der authentische Text tritt erstmals auf 15
Vom Symptom zur Diagnose: Der neue Analphabetismus. 18
Es steht jetzt wohl fest: Für die Änderung des seit 1899 bis 1978 unverändert gedruckten Textes von ‹Der Individualismus in der Philosophie› im Jahre 1989 durch eine Mitarbeiterin des Rudolf-Steiner-Verlages gibt es keine sachliche Grundlage. Der Leser der ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› Nr. 30 erhält also gegenwärtig auch im Internet[3] und in der kommenden digitalen Ausgabe einen fehlerhaften Text. Dazu heißt es aus der Rudolf-Steiner-Nachlaßverwaltung: «Wir sollten Verunsicherungen der Leser auf jeden Fall vermeiden!» So Dr. Walter Kugler, Leiter des Rudolf-Steiner-Archivs, für diesen Fall zuständig, in einem Email am 15.9.2004 an den aufmerksamen Leser, der die Textänderung aufgedeckt hatte:
«Ja, da ist wohl von der Herausgeberin S. L. (Ausgabe 1989) ein gravierender Fehler gemacht worden, indem der Text von 1961, der auch identisch ist mit dem Druck von 1899, verändert wurde. Zudem hat sie die Änderung nirgendwo nachgewiesen, was eine zweite Sünde ist. Ich schreibe dies noch unter dem Vorbehalt, daß sich vielleicht doch noch Unterlagen finden, die die Textänderung rechtfertigen. Jedenfalls bei meinen ersten Recherchen heute, habe ich keinerlei Hinweis auf eine von Rudolf Steiner beabsichtigte Textänderung gefunden. Falls ich doch noch fündig werde, erhalten Sie nochmals Post von mir. - Im übrigen hätte ich es angemessener gefunden, wenn Sie uns direkt auf diesen (möglichen) Fehler aufmerksam gemacht hätten. Es hätte ja sein können, daß Rudolf Steiner irgendwo eine Notiz mit einer Textänderung hinterlassen hat, was das Vorgehen der Herausgeberin von 1989 gerechtfertigt hätte. Wir sollten Verunsicherungen der Leser auf jeden Fall vermeiden, sollten aber natürlich zur Aufklärung beitragen. In diesem Sinne meine Bitte an Sie: Teilen Sie uns auftretende Unstimmigkeiten in den Texten direkt mit. Wir werden sie dann prüfen und Ihnen unser Ergebnis mitteilen. Dann können Sie getrost Ihre Leser orientieren.»
Ist man als Leser über die Tatsache eines Textfehlers aufgeklärt, wird man vielleicht getröstet, weil korrigiert, weiterlesen. Wohin soll solches Weiterlesen aber führen? Rudolf Steiner verlangt von seinen Lesern Ungewohntes: Er soll jede Seite, ja manchen Satz Rudolf Steiners erarbeiten. Was ist damit gemeint? Statt den mit Absicht ‹schwierigen› Wortlaut Rudolf Steiners in ein ihm ‹verständliches› Referat zu verwandeln, müßte der Leser sein voreiliges ‹Verstehen› bremsen und das bloß scheinbar schon Verstandene mit Hilfe des Wortlautes Rudolf Steiners immer wieder überprüfen. «Der echte Schüler lernt aus dem Bekannten das Unbekannte entwickeln und nähert sich so dem Meister.» So Goethe über die Entwicklungsperspektive einer heute eher seltener geübten intellektuellen Bescheidenheit gegenüber dem Werk Rudolf Steiners.
Ist der Leser bereit, an die intensive Erarbeitung einzelner Sätze zu gehen, dann kommt es wohl darauf an, daß der einzelne Satz Rudolf Steiners auch die Form hat, in der er dem Leser das sein kann, was er ihm sein möchte: Das Tor zur wahren Selbsterkenntnis. Diese besondere Form hat Rudolf Steiner seinen Sätzen geben können. Es kommt dabei auf jede Silbe an. Kein Jota darf dieser Form geraubt werden. Ihre Unversehrtheit ist bei den ersten Schritten im Studium die einzige Garantie dafür, daß der Leser auch die Vertiefung findet, die seinem hingebungsvollen lesenden Erarbeiten und Nacherdenken seines Textes von Rudolf Steiner zugedacht ist.
Anthroposophie ist ja zunächst ‹bloß› Literatur. In seinen Schriften legt Rudolf Steiner uns als seinen prospektiven Lesern die übersinnliche Welt in exakten Gedankenformen dar, an denen wir mittels ‹unbefangener Vernunft und gesundem Wahrheitssinn› denkend beobachten lernen können, was wir lesend am anthroposophischen Text tun. «Der Verfasser weiß: sein Buch wäre nichts wert, wenn es nur auf blinden Glauben hin angewiesen wäre; es ist nur in dem Maße tauglich, als es sich vor der unbefangenen Vernunft rechtfertigen kann.» [4] Durch Genauigkeit rechtfertigen kann sich das Buch Rudolf Steiners aber nur, wenn man es läßt. Und dazu bedarf es eben der genauen und originalen Textform. Diese Textform in unserer Zeit der elektronischen Reproduktionstechniken zu sichern ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Rudolf-Steiner-Verlages. Hand aufs Herz: Was soll eigentlich die europäische Buchkultur und Literarwissenschaft für einen Sinn gehabt haben (ich verwende das Perfekt!), wenn nicht den, das Organ für die wahrhaft welthistorische Aufgabe auszubilden, die nicht bloß dem Verlagswesen durch den Autor Rudolf Steiner gestellt worden ist?[5]
Man könnte meinen, über diesen Punkt bestehe zumindest in unseren anthroposophischen Kreisen einige Klarheit. Wie aber steht es dann mit der Orientierung in der empfindlichen Angelegenheit der Herausgabe und Behandlung der Rudolf-Steiner-Texte? Müßte man nicht fragen: Wie konnte es überhaupt zu diesem willkürlichen Eingriff in den Gedankenleib Rudolf Steiners kommen?
In jüngster Zeit ist die Herausgabepraxis des Verlages für die Vortragsnachschriften bereits mehrfach oft in Unkenntnis der bestehenden gravierenden Probleme und damit zu unrecht kritisiert worden. Diese Probleme sollten für jeden Leser des Vortragswerkes eigentlich nachvollziehbar erläutert werden, um der verhängnisvollen Illusion vorzubeugen, in den Vortragsnachschriften habe man stets Wortlaute Rudolf Steiners vor sich. Bisher galt aber, daß die Schriften Rudolf Steiners vor kosmetischen oder sonstigen Eingriffen der Herausgeber sicher waren. Die unsinnigen, aber genau gezielten Rassismus-Vorwürfe gegen Rudolf Steiner aus den Jahren 1998 2001 haben bekanntlich tatsächlich dazu geführt, daß einige eifrige, für eine wachsende politisch-wissenschaftliche Reputation Rudolf Steiners eintretende Freunde der Anthroposophie im Sinne der ‹political correctness› inkriminierbare Stellen im Gesamtwerk Rudolf Steiners ausgemacht haben. Manche durchaus besonnene Freunde der Anthroposophie befürchten, daß im Interesse einer dauerhaften Genehmigung des Werkes Rudolf Steiners solche Stellen demnächst ‹ausgemerzt› werden. Sind etwa inzwischen, wie zu hören ist, etwa hier und da in Einzelausgaben von Steiner-Texten z.B. undokumentiert gekürzt oder bei der Herausgabe gar verändert worden, oder besteht die Absicht dazu? Solche Gerüchte dürfen nicht einfach im Raum stehen bleiben. Sie müßten vom Rudolf-Steiner-Verlag vollständig widerlegt und dadurch ihre verheerende Wirkung ganz entkräftet werden. Eine Erklärung über die verlegerischen Prinzipien der Herausgeber fehlt leider bislang. Und nun wurde die hier dokumentierte willkürliche Textänderung in einer Schrift Rudolf Steiners aufgedeckt. Muß sich der Rudolf-Steiner-Verlag jetzt auch fragen lassen, wie es mit der Authentizität des Wortlauts der Schriften bestellt ist? Ist das dem Rudolf-Steiner-Verlag bislang entgegengebrachte Vertrauen in die Richtigkeit der veröffentlichten Schriftwortlaute noch begründet? Die erwünschte Antwort sollte möglicht konkret ausfallen. Aus diesem Grunde soll die Frage hier auch möglichst konkret und ohne Polemik im Zusammenhang der Antworten, die man sich bei einigem Nachdenken schon selber geben kann, gestellt werden.
Der Aufsatz: ‹Der Egoismus in der Philosophie› ist zuerst 1899 in dem Sammelband ‹Der Egoismus› erschienen, herausgegeben von Otto Dix. 1939 erfolgte die nächste Drucklegung in «Veröffentlichungen aus dem literarischen Frühwerk. 4 Bde. (19 Hefte) Heft 1. Aufsätze 1884-1902, herausgegeben von Edwin Froböse und Werner Teichert mit einer Einführung von Marie Steiner (Sektion für redende und musische Künste)» unter dem Titel: ‹Der Individualismus in der Philosophie›[6]. Über den 1939 Titel des Aufsatzes schreibt Rudolf Steiner 1924 in der LXIII. Lieferung seiner Aufsatzfolge ‹Mein Lebensgang› in der Zeitschrift ‹Das Goetheanum› vom 15. Februar 1925 (abgedruckt in dem Buche ‹Mein Lebensgang›, dort Kap. 31, GA 28, 1983, S. 406): «Nun trägt mein Aufsatz diese Überschrift nur deshalb, weil der Gesamttitel des Buches das forderte. Diese Überschrift müßte eigentlich sein: ‹Der Individualismus in der Philosophie›. Ich versuchte, in ganz kurzer Form einen Überblick über die abendländische Philosophie seit Thales zu geben, und zu zeigen, wie deren Entwickelung darauf zielt, die menschliche Individualität zum Erleben der Welt in Ideenbildern zu bringen, so, wie dies versucht ist, in meiner ‹Philosophie der Freiheit› für die Erkenntnis und das sittliche Leben darzustellen.» Der Aufsatz ‹Der Egoismus in der Philosophie› wird in dieser 63. Lieferung, die wohl zwischen dem 8. und dem 13. Februar 1925 geschrieben worden sein mag, zusammen mit der Grundlegung der Anthroposophie in den Büchern ‹Die Mystik› und ‹das Christentum als mystische Tatsache› sowie der Begegnung mit Marie von Sivers behandelt. Sodann erschien er 1961 in der ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› Band 30. Der von der Herausgeberin für die 3. Auflage der ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› willkürlich geänderte Satz war bis dahin (1939, 1954, 1. und 2. Aufl. GA 30, S. 115) in der Fassung von 1899 gedruckt worden.
Diese Fassung lautete bis 1989:
« Auf diese Weise wurde das Kind, die geistige Welt der Sinnenwelt, zur Mutter der letzteren gemacht.
Seit 1989 steht ein geänderter Satz im Text:
«Auf diese Weise wurde das Kind, die Sinnenwelt, zur Mutter der geistigen Welt gemacht.»
Im Zusammenhang (der 1989 geänderte Satz ist hervorgehoben):
«Die Menschen waren wohl reif, einzusehen, daß die geistige Welt höher steht als die sinnliche, daß sich der tiefste Weltgehalt im Innern des Menschen offenbart; aber sie waren nicht sogleich auch reif, sich das Verhältnis zwischen sinnlicher und ideeller Welt auch ideell vorzustellen. Sie stellten es sich sinnlich, als ein tatsächliches Hervorgehen vor. Hätten sie es sich geistig gedacht, so hätten sie ruhig zugestehen können, daß der Inhalt der Ideenwelt nur im Innern des Menschen vorhanden ist. Denn dann brauchte das Höhere dem Abgeleiteten nicht zeitlich voranzugehen. Ein Sinnending kann einen geistigen Inhalt offenbaren; aber dieser Inhalt kann im Momente der Offenbarung erst aus dem Sinnendinge heraus geboren werden. Er ist ein späteres Entwicklungsprodukt als die Sinnenwelt. Stellt man sich das Verhältnis aber als ein Hervorgehen vor, so muß dasjenige, woraus das andere hervorgeht, diesem letzteren auch in der Zeit vorangehen. [bis 1989:] Auf diese Weise wurde das Kind, die geistige Welt der Sinnenwelt, zur Mutter der letzteren gemacht.[ab 1989: «Auf diese Weise wurde das Kind, die Sinnenwelt, zur Mutter der geistigen Welt gemacht.»] Dies ist der psychologische Grund, warum der Mensch seine Welt hinausversetzt in die äußere Wirklichkeit, und von dem, was sein Eigentum und Produkt ist, behauptet: es habe ein für sich bestehendes, objektives Dasein und er habe sich ihm unterzuordnen, beziehungsweise er könne sich nur in dessen Besitz setzen durch Offenbarung oder auf eine andere Weise, durch die die einmal fertige Wahrheit ihren Einzug in sein Inneres halte.»
Man kann zunächst feststellen: Der Sinn wurde ins Gegenteil verkehrt.
A. Erläuterung zur Druckfassung bis 1989: «Auf diese Weise wurde das Kind, die geistige Welt der Sinnenwelt, zur Mutter der letzteren gemacht.» (Es kann dem aufmerkenden Leser wohl nicht ganz verborgen bleiben, daß es sich in diesem Satz hier zugleich um eine esoterische Darstellung des Sophien- bzw. Mariengeheimnisses handelt.) ‹Das Kind› ist hier die geistige Welt. Es (sie) wird erst «aus dem Sinnendinge heraus geboren». Die ‹Mutter› des Kindes ist hier demnach die Sinnenwelt. Das ist die von Rudolf Steiner als richtig hingestellte Auffassung. Die daneben gekennzeichnete Verdrehung durch eine unreife Vorstellungsart besteht darin, daß diese Mutter zum Kind gemacht wird, daß also die nach Rudolf Steiner unrichtige Vorstellung gebildet wird: Die geistige Welt bringt tatsächlich die Sinnenwelt hervor. Und die geistige Welt wird von dem unreifen Gemüt also fälschlich als die Mutter, die sinnliche Welt als das Kind aufgefaßt.
B. In dem veränderten Text seit 1989 ist nun alles verdreht: «Auf diese Weise wurde das Kind, die Sinnenwelt, zur Mutter der geistigen Welt gemacht.» Da erscheint es fälschlich als die richtige Auffassung, daß ‹das Kind› die Sinnenwelt sei. Daraus ergibt sich, daß die geistige Welt die Mutter der Sinnenwelt wäre. Diese in A. als falsch gekennzeichnete Auffassung wird in der veränderten Fassung des Satzes als die richtige hingestellt. Die Verdrehung, die ursprünglich durch diesen Satz bezeichnet werden sollte, besteht in der veränderten Fassung nunmehr aus dem Gegenteil der Version A: Fehlerhaft erscheint hier die Auffassung, daß die Sinnenwelt die Mutter der geistigen Welt sei. Eben diese als falsch hingestellte Meinung ist aber die von Rudolf Steiner im ursprünglich gedruckten Text als richtig gekennzeichnete Auffassung.
Die für die 3. Auflage der GA 30 veränderte Fassung des Satzes stellt also ersichtlich das genaue Gegenteil des Sinns der ursprünglich gedruckten Fassung vor den Leser hin.
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß der bisher stets gedruckte Text fehlerhaft war oder vom Autor geändert werden sollte. Warum aber ändert die Herausgeberin den Text dennoch, und macht davon nicht einmal Mitteilung? Man ist versucht, vorwurfsvoll zu fragen: Handelt es sich etwa um eine bewußte Fälschung? Bevor man einen solchen schwerwiegenden Vorwurf äußert, zu dem ja auch eine betrügerische Absicht vorliegen müßte, sollte man jedoch alle anderen Möglichkeiten ausschließen. Fragen wir deshalb zunächst:
Nein. Eben dies ist bei genauer Überlegung sicher auszuschließen. Man muß sich nur den sachlichen Arbeitsablauf bei der Vorbereitung einer Neu-Auflage einer Schrift von Rudolf Steiner vorstellen. Für die Herausgeberin, die mit der Vorbereitung der Neuauflage betraut worden war, hätte im Idealfall zur Hand sein müssen: Das Manuskript Rudolf Steiners mit den eigenhändigen Änderungen und Streichungen, wie sie damals (1899) an den Verlag gingen, die originalen Druckfahnen und Korrekturbögen, der gedruckte Text von 1899 aus der Bibliothek Rudolf Steiners, wo auf dem Seitenrand evtl. nachträgliche Korrekturen zu finden sind, Briefe oder Notizen Rudolf Steiners zu diesem Text, die bisher gedruckten weiteren Textfassungen sowie die Anmerkungen der früheren Herausgeber dazu, evtl. ein Begleitheft des Rudolf-Steiner-Verlages selbst, in dem die verschiedenen Herausgeber ihre Überlegungen zur Textform der GA 30 niedergelegt haben, die Protokolle der Besprechungen mit der Verlagsleitung über die Bewertung der möglichen Lesarten, die bei früheren Editionen stattgefunden haben usw. usf.
Möglicherweise war manches von diesen Hilfsmitteln nicht zur Hand. Dennoch steht fest: Frau L. war durchaus mit dem editorischen Handwerk vertraut. Dies ergibt sich bereits durch den von ihr eingefügten Hinweis zu S. 150, der mit einem Asterisk im Text gekennzeichnet ist eine Seltenheit, im allgemeinen werden im Rahmen der ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› die Hinweise des Herausgebers nicht im Text selbst kenntlich gemacht. Das Sternchen findet man an dem erregenden Satz angebracht: «Das Wesen der ganzen übrigen Welt schöpfte ich aus mir, und mein eignes Wesen schöpfe ich auch aus mir.» Die Herausgeberin schreibt in ihrer Endnote: «‹Das Wesen der ganzen übrigen Welt schöpfte ich aus mir…›? Sinngemäß muß es heißen: ‹Schöpfe ich aus mir›. Vermutlich ist die Imperfektform durch einen Druckfehler entstanden.» (Hinweise, S. 611)
Was geschieht hier? Die Herausgeberin erlaubte sich also 1989, eine Anmerkung in den Text einzufügen. Dadurch nimmt sie unbezweifelbar bis heute und wohl noch einige Zeit einen bestimmten Einfluß auf die Auffassung des Textes durch den Leser. - Der Leser fühlt bei der Lektüre dieser Anmerkung seine Erregung über die ursprüngliche Formulierung schwinden. Frau L. weiß offenbar besser als der gedruckte Text es aussagt, was Rudolf Steiner ausdrücken wollte, und setzt an die Stelle des bestürzenden Imperfekts das Präsens, sozusagen als Verlaufsform, Frau L. will uns weismachen, es handle sich bei der ‹Schöpfung der ganzen übrigen Welt› bloß um eine philosophisch überspitzte Ausdrucksweise für den ja bekannten Akt des Nachdenkens über die Dinge. Und so wissen wir nun wieder Gott oder vielmehr Frau L. sei Dank , daß die Schöpfung der ‹übrigen› Sinnenwelt nur ‹im Geiste› und nur ‹heute› stattfindet, wobei das ‹heute› eben eine Verschleierung des ‹niemals› ist: Was heute stattfindet, kann nicht gestern schon die Welt geschöpft haben, da sie ja schon längere Zeit vor Rudolf Steiner in aller kruden Tatsächlichkeit vorhanden war. Hier aber kann sich Frau L. durchaus beherrschen, sie ändert den Text nach ihrem selbstsicher herausposaunten Urteil ‹Druckfehler!!› eben doch nicht, sondern macht bloß ein Asterisk dran und verweist damit auf die erläuternde Endnote, läßt aber den inkriminierten Text so von ihr besternt stehen
Wenn die Herausgeberin also sonst so sorgfältig mit dem Text umging, so könnte man nun meinen, daß die undokumentierte Textänderung vielleicht doch bloß ein Versehen war. Um sich zu dieser Meinung zu bekennen, müßte man sich aber eine Reihe von recht unwahrscheinlich anmutenden Vorstellungen bilden.
Nehmen wir einmal an, die Herausgeberin liest den besagten Satz in der ursprünglich gegebenen Fassung und vermutet einen Druckfehler, weil sie den Sinn nicht erfassen kann. Da sie in den Unterlagen keinen Hinweis auf einen solchen finden kann, formuliert sie für sich die ihr nötig erscheinenden Änderungen des Satzes probehalber vor, bis er für sie wieder Sinn macht. Dann schreibt sie wie in dem obigen Fall des Imperfekts eine Endnote. So weit, so gut. Das ist vorstellbar. Nun aber gibt sie ‹aus Versehen› nicht den bis auf ein Asterisk unveränderten Text nebst ihrer Fuß- und Endnote in den Druck, sondern vielmehr ihren eigenen, veränderten Text, und läßt die fertige Endnote und alle Hinweise auf ihre Bearbeitung verschwinden. Ein solches Versehen kann bei der sonst dokumentierten sorgfältigen Arbeitsweise kaum als wahrscheinlich angenommen werden. Dabei müßte man sich ja auch noch vorstellen, daß sie selbst gar nicht bemerkt hat, was sie tat. Man müßte sich dazu eine somnambul handelnde Herausgeberin vorstellen, deren Bewußtsein aussetzt, während sie die Hinweise auf ihre Veränderung des Satzes verschwinden läßt. Eben dieses Herausgeber-Bewußtsein hätte aber gleich danach auf S. 150 wieder in aller Sternchen-Klarheit funktioniert. Fazit: Ein Versehen wird es nicht gewesen sein. Hat die Herausgeberin also doch mit Bewußtsein gehandelt, so hatte sie offenbar ein Motiv.
Da es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, daß Rudolf Steiner die gedruckte Fassung verbesserungsbedürftig fand oder sonst den Wortlaut irgendwo verändert notiert hatte, kommt als Grundlage für die Tat der Herausgeberin nur ihre eigene ‹Einsicht› in Betracht. Frau L. muß die bewegende Einsicht gewonnen haben: ‹ Es kann nicht sein, daß dieser Satz richtig abgedruckt ist.› Sie hat demnach versucht, mit Verstand zu lesen. Das sollte ja jeder Leser tun. Der Leser würde seine Aufgabe zunächst dadurch erfüllen, den Text zu erlesen und das Gelesene zu bedenken; dann aber sich bei dieser denkenden Tätigkeit auch etwas zu denken. Das Licht des Denkens muß auf das Selbstgedachte scheinen, damit das Wissen nicht blind bleibe, sondern zur höheren Erfahrung in der Erfahrung werde, die durch die besondere Form der Darstellungen des Übersinnlichen durch Rudolf Steiners möglich ist. Der Leser hat es also mit seinen denkenden Erfahrungen am Text zu tun, die er beobachtend verfolgt und so zu Erfahrungen der höheren Welten bereitet.
Frau L. aber betätigt sich nicht als Leser, sondern als Lektorin Rudolf Steiners. Die Aufgabe einer Verlagslektorin besteht darin, den Text eines Autors vor der Veröffentlichung fürsorglich zu lesen. Sie soll den sprachlich unvollkommenen Text eines eher unerfahrenen Autors mit dessen Zustimmung so zubereiten helfen, daß er auch die Leser findet, die er ansprechen möchte, bzw. daß die Leser den Text vorfinden, den sie erwarten. Eine Lektorin blickt darauf, ob das, was ihrer Meinung nach der Autor gemeint hat, von ihm auch richtig ausgedrückt ist. Stimmt nach ihrer Meinung dieses Objekt, worauf der Satz deutet die Bedeutung des Satzes also , mit der Formulierung nicht überein, so würde sie z.B. den Autor anschreiben und ihm einen Änderungsvorschlag machen. Kann der Autor nach seinem Tode den ‹notwendigen› Änderungen nicht mehr zustimmen, so muß in der Regel das Ändern unterbleiben, es sei denn, es gibt irgendwo andere Fassungen des Textes von der Hand des Autors selbst.
Offenbar gibt es da Ausnahmen. Bei der schwierigen Edition der Vortragstexte Rudolf Steiners hatte es Marie Steiner bis in die späten 1940er Jahren für nötig befunden, die vorliegenden Rückübertragungen aus den Stenogrammen stilistisch und inhaltlich zu bearbeiten. Die Syntax der gesprochenen Sätze machte sich in der Schriftform nicht besonders gut. Ihr ging es dabei darum, den in Buchform erscheinenden Redetexten eine Schriftform zu geben, die ‹den guten Ruf Rudolf Steiners als Autor› nicht gefährdet. Marie von Sivers hatte dazu den Segen Rudolf Steiners. Man kann heute anscheinend der Meinung sein, daß sie dabei zu weit ging. Jedenfalls sind manche Änderungen der Herausgeberin in neuen Auflagen erneut korrigiert worden. Wo, wie und warum dies geschah, erfährt der Leser meist nicht. Man muß jedenfalls davon ausgehen, daß die meisten der vorliegenden Bände nicht immer und nicht ohne weiteres als Wortlaute Rudolf Steiners bezeichnet werden können, sondern oftmals als mehr oder weniger freie ‹Nachdichtungen›. Das schwierige Problem der Vortragstexte soll aber hier nicht genauer beleuchtet werden.
Nicht hinzunehmen ist es allerdings, wenn der Herausgeber die Schriften Rudolf Steiners so behandelt wie mitstenographierte Vortragstexte. Man könnte sich vielleicht vorstellen, daß die Editorin angesichts eines von ihr als ‹unsinnig erkannten› Wortlautes ebenfalls den ‹guten Ruf Rudolf Steiners als Autor› aufs Spiel gesetzt sah und wie die gute Samariterin diese peinliche Wunde in aller gebotenen Heimlichkeit versorgen wollte. Dann hätte sie die Haltung gegenüber den Vortragstexten einfach auf die Editionsarbeit an den Aufsatztexten übertragen.
Wie es damit auch steht: Auch für eine Verlagslektorin mit einer déformation professionelle kann Rudolf Steiner Autor doch nicht als irgend ein grüner Schreiberling gelten, dem man helfen muß, die richtigen Worte zu finden. Für was hält sie sich denn eigentlich? Diese Frage ist nicht polemisch gemeint, sondern durchaus sachlich. Versucht man darauf eine Antwort zu geben, erhellen sich sonst weniger deutlich gesehene geistige Zusammenhänge.
Da die Lektorin den Wortlaut des Satzes fürsorglich ändert, weiß sie offenbar klar, was Rudolf Steiner meint, was er also genau mit seinen Sätzen ‹ausdrücken› wollte. Woher hat sie dieses Wissen? Offenbar aus ihrem Nachdenken. Sie hat sich klargemacht, was der Autor gemeint haben muß. Anschließend hat sie die von ihr selbst gemachte Bedeutung des Satzes, also ihren eigenen Gedanken, mit der Formulierung Rudolf Steiners verglichen, und dann darüber geurteilt, ob beides übereinstimmt. Ihr Ergebnis müßte etwa gelautet haben «Die vorliegende Formulierung ist fehlerhaft. Sie muß anders lauten, und zwar so, daß sie dem entspricht, das Rudolf Steiners allein gemeint haben kann.» So korrigierte die Lektorin den Text Rudolf Steiners zunächst bei sich. Sie ging dabei ganz in ihrer Vorstellungstätigkeit auf. Und als das Ergebnis heraus war, stand es leuchtend klar vor ihr. Damit blieb die Lektorin in bezug auf ihre eigene Begriffsbildung naiv. In dem Buch ‹Die Philosophie der Freiheit› beschreibt Rudolf Steiner diese Naivität wie folgt: «Warum für meine Beobachtung der Donner auf den Blitz folgt, weiß ich nicht ohne weiteres; warum mein Denken den Begriff Donner mit dem des Blitzes verbindet, weiß ich unmittelbar aus den Inhalten der beiden Begriffe. Es kommt natürlich gar nicht darauf an, ob ich die richtigen Begriffe von Blitz und Donner habe. Der Zusammenhang derer, die ich habe, ist mir klar, und zwar durch sie selbst.» [7] Eben die Einsicht, daß es sich so verhält, fehlt hier der Lektorin. Was sie vollbrachte, machte sie sich nicht klar. Sie dachte sich nichts dabei, als sie sich das ihrige zum Text Rudolf Steiners hinzudachte. Was man sich dazu durchaus denken könnte, lautet bei Rudolf Steiner so: «Wenn ich einen ohne mein Zutun gegebenen Gegenstand in mein Denken einspinne, so gehe ich über meine Beobachtung hinaus, und es wird sich darum handeln: was gibt mir ein Recht dazu? Warum lasse ich den Gegenstand nicht einfach auf mich einwirken? Auf welche Weise ist es möglich, daß mein Denken einen Bezug zu dem Gegenstande hat? Das sind Fragen, die sich jeder stellen muß, der über seine eigenen Gedankenprozesse nachdenkt.»[8] Hätte sie sich solche Fragen gestellt, dann hätte sie sich doch sagen müssen, daß ihre ‹Erkenntnis› keineswegs schon die ‹wahre Erkenntnis› sein kann. Und schon gar nicht hätte sie ihr Urteil über den Text für die anderen Leser verbindlich machen dürfen. Indem ihr diese Einsicht in die Begrenztheit ihres Urteils fehlte, indem sie für den eigenen Denkprozeß blind war, beließ sie es nicht bei dabei, sondern schritt zur schlechten Tat und paßte den Wortlaut Rudolf Steiners klammheimlich dem ihr ‹als objektive Erkenntnis gegebenen Sinn› an.
Und mit den Folgen dieser Tat haben wir es jetzt zu tun. Wo liegen die Quellen derselben? Was veranlaßte die Herausgeberin, von dem bloßen Urteil zur bösen Tat zu schreiten, die andere schädigt? Hören wir dazu Rudolf Steiner[9]:
« … wenn wir eine Handlung verrichtet haben, so kommt ja nicht immer in Betracht, daß die Handlung eine mißlungene Handlung ist, sondern es kann eine schlechte Handlung vorliegen, das, was man moralisch schlechte Handlung nennt. Aber schauen wir uns einmal die moralisch schlechten Handlungen an. Schauen wir uns zum Beispiel nun folgende Handlung an, um gleich irgend etwas ganz Sprechendes zu haben. Nehmen wir an, irgend jemand habe nichts zu essen oder hätte irgend etwas gerne aus einem anderen Grunde als Hunger, und er stiehlt. Also ‹stehlen›, nicht wahr, ist eine schlechte Handlung. Nun, schließt dasjenige, was wir gesagt haben, aus, daß irgend jemand, der gestohlen hat, Reue hat über seine Tat? Das schließt es nicht aus! Denn warum nicht, meine lieben Freunde? Aus dem sehr einfachen Grunde nicht, weil im Ernste, in vollem Ernste, derjenige, der gestohlen hat, gar nicht hat stehlen wollen, sondern er hat dasjenige besitzen wollen, was er gestohlen hat. Das Stehlen hätte er fein gelassen, wenn Sie ihm das geschenkt hätten, was er gewollt hat, oder wenn er es auf eine andere Weise hätte kriegen können als durch das Stehlen.
Es ist ein eklatanter Fall. Aber in einer gewissen Weise gilt das für alles, was eigentlich als schlechte Tat in Betracht kommt. Die schlechte Tat als solche, unmittelbar so, wie sie ist, ist eigentlich nie gewollt. Die Sprache bat ein feines Gefühl für die Sache: wenn die schlechte Handlung vorbei ist, ‹regt sich das Gewissen›. Warum regt sich das Gewissen? Weil jetzt erst die schlechte Tat zum Wissen erhoben wird. Sie geht hinauf ins Wissen. Da, wo sie sich vollzogen hat, da war eigentlich im Wissen drinnen das andere, um dessentwillen die schlechte Tat vollzogen worden ist. Die schlechte Tat liegt nicht im Wollen. Und auch die Reue hat den Sinn, daß der Betreffende zum Wissen heraufhebt, wie er sich das Bewußtsein hat trüben lassen in dem Moment, wo er die schlechte Tat ausgeführt hat. Wir müssen immer davon sprechen: Wenn jemand eine schlechte Tat ausübt, so ist dasjenige, um was es sich handelt, das, daß sein Bewußtsein für diese Tat getrübt war, herabgestimmt war, und daß es sich für ihn darum handelt, eben ein Bewußtsein für solche Fälle zu gewinnen, wie der einer war, für den das Bewußtsein herabgestimmt war. Alles Bestrafen hat nur den Sinn solche Kräfte in der Seele aufzurufen, daß das Bewußtsein sich auch auf solche Fälle erstreckt, die sonst bewirken, daß das Bewußtsein sich ausschaltet.»
Darf man also annehmen, daß Frau L. die eigenmächtige Änderung gar nicht gewollt hat? Ja. Nicht die Tat hat sie gewollt, sondern sie hat gewollt, daß das Wirklichkeit sei, was sie sich so sehr gewünscht hat. Die ‹gravierenden Fehler› waren bloß die Folge des heftigen Wunsches, daß in einem Text Rudolf Steiners dieser Satz nicht so stehe. Dieser Wunsch wiederum entsprang einem Bedürfnis, das von dem gegebenen Text nicht befriedigt wurde. Und von diesem Bedürfnis spricht Rudolf Steiner an der geänderten Stelle besonders deutlich.
Diese Frage ist nicht so gemeint, daß darauf dieses oder jenes Zitat einer der vielen dringenden Aussagen Rudolf Steiners über die Notwendigkeit exakter Textausgaben und eines genauen Lesens seiner geschriebenen Werke die einzige Antwort wäre. Die Anforderungen Rudolf Steiners an die Genauigkeit seiner Herausgeber und Leser sind durchaus bekannt. Dennoch werden sie vor allem bei den Lesern Rudolf Steiners immer weniger beachtet. Das hat seinen Grund in tieferen Schichten als in denen sich Fahrlässigkeit breitmacht. Die Mißachtung dieser Forderungen beruhen eher auf unserer unbewußten Bindung als Freunde der Anthroposophie Rudolf Steiners an eine tradierte weltanschauliche Orientierung, die nicht diejenige der Anthroposophie selbst ist. Vielleicht können wir diese umfassenden Forderungen auch nicht einfach ‹schnell mal› erfüllen. Anerkennen wir doch statt dessen, daß wir noch kaum damit angefangen haben, Anthroposophie ernst nehmen zu können. Und entdecken wir dabei die vielleicht überraschende Tatsache, daß mit diesem Eingeständnis sich eine neue Dimension der anthroposophischen Darstellungen Rudolf Steiners enthüllen kann.
In der betreffenden Passage, im Grunde aber in dem gesamten Aufsatz, wird von Rudolf Steiner dargestellt, wie durch eine unreife Vorstellungsart eine Verdrehung des Verhältnisses von Sinnenwelt und geistiger (Ideen-) Welt stattfindet. Wir haben es also im Text Rudolf Steiners mit einer Gegenüberstellung der ‹richtigen› und der ‹falschen› Auffassung zu tun. Der Leser, der sich nicht betroffen fühlt, nimmt das vielleicht zur Kenntnis. Er bleibt dabei Zuschauer. Im Grunde kann er dann aber wohl nicht verstehen, warum sich Rudolf Steiner so ausführlich mit der Geschichte der Philosophie auseinander setzt. Er fragt sich, wenn er nicht einschläft: Was geht mich das eigentlich an? Und vielleicht meint er auch, er müsse jetzt erst einmal Philosophie studieren, um überprüfen zu können, inwieweit die Darstellungen Rudolf Steiners überhaupt zutreffend sind.
Dies Verhältnis wird im Prinzip anders, sobald wir die Verfehlung unserer Kollegin bewußt zur Kenntnis genommen haben. Wenn wir uns darüber nicht philiströs aufplustern, sondern sachlich damit umgehen, enthüllt sich uns eine überraschende Szene. Wir werden dabei wie von Geisterhand getragen aus der Zuschauerposition entfernt und finden uns selbst auf der Bühne des Geschehens wieder. Dies geschieht uns, wenn wir in Ruhe anzuschauen versuchen, was sich bei der willkürlichen Textänderung abgespielt hat.
Neben dem von Rudolf Steiner im Text geschilderten Vorgang der Verdrehung des Verhältnisses von Sinnenwelt und geistiger Welt haben wir es nämlich mit einem anderen höchst merkwürdigen Vorgang zu tun, der unserer Aufmerksamkeit zunächst vollständig entgangen ist und womöglich ohne die Aufdeckung der Verfehlung der Herausgeberin auch an dieser Stelle nicht so ohne weiteres aufgedeckt werden könnte. Dieser Vorgang beruht auf einer Eigenschaft, von der ich mit Gründen annehmen kann, daß sie allen Schriften Rudolf Steiners zukommt. Diese besondere Eigenschaft ist rein geistiger Natur, d.h. man kann sie nur erlebend im eigenen Denken als wirksam erkennen.
Man kann diese Eigenschaft als ein ‹Licht› beschreiben, das die Finsternis bewußt macht, in welcher man sich befindet. Dieses Licht beleuchtet aber nicht die Gegenstände, denen mein Nachdenken gilt; es beleuchtet vielmehr mein Tun. Mein Tun war für mich vorher unsichtbar; nun wird es im Text sichtbar. Es wird enthüllt, was vorborgen war: Was ich als den ‹objektiven› Gedanken-Inhalt des Textes Rudolf Steiners festgestellt habe, das ist das Bild meiner eigenen Tätigkeit. Ich sehe, daß ich denkend selbst erzeuge, was ich in dem Text Rudolf Steiners zu lesen meine. Was ich glaube, als ein ‹objektives› Wissen, als ein Wissen von einem Etwas, zu haben, entpuppt sich als das Produkt der eigenen Tätigkeit. Und eben diese mir erst jetzt bewußt werdende Tätigkeit stellt der Text vor mich hin. In dem Licht, das von dem Text ausgeht, sehe ich mich wie in einem Spiegel, der mir mein eignes Tun widerspiegelt. Mein Tun verobjektiviert sich in diesem Spiegel zu einem äußeren Vorgang, in dem ich mich selbst wahrnehme, wie ich das Denken vergesse, um mir eine ‹an sich vorhandene› Welt, ein ‹objektives› Wissen vorzustellen. Ich sehe mich selbst als einen Blinden, der ohne Kenntnis seines eigenen Tuns in einer rein geistigen Welt sich eine ‹an sich vorhandene› Welt der Textbedeutung und ein ebensolches Wissen von dieser vorgaukelt.
«Ein Licht blitzt in mir auf und beleuchtet mich, und mit mir alles, was ich von dieser Welt erkenne. Was immer ich erkenne, es bliebe blindes Wissen, wenn nicht dieses Licht darauf fiele.» [10]
Dieser Blinde, den ich zu sehen beginne, bin ich selbst, aber ich erscheine mir zunächst in der Gestalt einer Fremden. Indem das Licht zu leuchten beginnt, enthüllt es mir zunächst, was diese Fremde tut. Ich sehe, wie diese Fremde als Herausgeberin an dem Text Rudolf Steiners eben dieselbe Verdrehung vornimmt, von der in dem Text die Rede ist. Das heißt, Frau L. vollzieht unbewußt eben die Handlung, die im Text geschildert wird, an dem Text. Unbewußt heißt: Sie erkennt nicht, wie das, was sie am Text tut, von dem Text gespiegelt wird. Ihr wird nicht die höchst merkwürdige Tatsache bewußt, daß der Text sowohl ihre Handlung wie auch ihr Motiv offenbar bereits kennt, ja öffentlich zur Kenntnis gibt, bevor sie tätig wird. Allerdings kann man dies nur dann sagen, wenn man diese Tätigkeit in dem Spiegel des Textes beobachtet. Das heißt womöglich: Ich sehe in dem Text nicht eher, was ich tue, bis ich es ausführe. Was aber macht es möglich, dies eigene Tun dann auch anzusehen?
Halten wir uns an die Tatsachen: Bis dahin haben schon viele Augen in den Text Rudolf Steiners hineingeblickt, aber sich womöglich nicht darin gesehen. Dies gilt z.B. für die Herausgeberin, aber auch für mich. Ich hatte diese Stelle in der alten Fassung mehrfach studiert, aber nicht dieses Spiegel-Erlebnis gehabt. Durch die Handlung der Herausgeberin wurde der Text an dieser Stelle verändert. Der Spiegel wird durch die Willkür der Änderung an dieser Stelle blind gemacht. Und jetzt geschieht das Merkwürdige: Eben diese ‹blinde Stelle› wird sichtbar. Und in dem ‹blinden Fleck› erscheint die Spiegelung der Tat, die aus Blindheit den Spiegel blind gemacht hat. Dies wird dank der Aufmerksamkeit eines Lesers sichtbar. Und damit entsteht die Möglichkeit, auf diesen eigentümlichen Zusammenhang hinzuweisen, in dem die Texte Rudolf Steiners mit ihren Lesern zu stehen scheinen. Ich bezeichne diese Eigenschaft der Rudolf Steiner-Texte vorläufig in Anknüpfung an den von Schiller geprägten Begriff des ‹ästhetischen Zustandes› (‹Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen›, 21. Brief) als ‹ästhetische Spiegelung›. [11]
Man sieht dann, wie durch diesen Spiegelprozeß der verlorene Text wieder erscheint, aber nicht bloß ‹korrigiert›, sondern in seiner eigentlichen, authentischen Form. Authentisch ist ein Text dann, wenn sichergestellt ist, daß er tatsächlich von der Person stammt, die als ‹Absender› oder Autor angegeben wird. In Falle der Texte Rudolf Steiners ist der Text nur dann authentisch, wenn er aus nichts anderem besteht als aus der Darstellung dessen, der ihn denkt. Denn die Texte Rudolf Steiners sind keine gewöhnlichen Texte, die irgendetwas an sich vorhandenes ‹abbilden›; sie stellen die Funktion der Selbstbeobachtung im Denken dort zur Verfügung, wo das Denken sich selbst vergißt. Wenn sie dies leisten können, wenn sie diese Eigenschaft aufweisen, sind sie ‹echt›.
Wie dies geschehen kann, wird durch den hier aufgedeckten Vorgang in einer gewissen Weise beobachtbar. Die Herausgeberin unterliegt unbewußt wie wir alle einem bestimmten weltanschaulichen Einfluß, indem sie dem Impuls zur Änderung des Textes nachgibt. Sie meint allerdings, sie orientiere sich dabei an der Anthroposophie Rudolf Steiners subjektiv fühlt sie sich wahrscheinlich als echte Anthroposophin. Sie tut dabei dem anthroposophischen Text etwas ‹Ungutes› an. Wir können nun aber feststellen, daß umgekehrt der anthroposophische Text mit ihr ebenfalls etwas tut: Er beginnt, ihr Tun zu spiegeln. Wir sehen in diesem Spiegel, wie das Motiv der Herausgeberin und ihre innere Orientierung, an eben der Stelle sichtbar wird, wo sie den für den Sinn der Passage entscheidenden Satz verändert.
Statt langer Erörterungen sei hier der Versuch gemacht, diese Spiegelung im Text aufzuzeigen. Rudolf Steiner schreibt auf Seite 108f über die Motive der Herausgeberin:
Es ist «erklärlich, daß der Mensch so denkt. Die Eindrücke der Sinne dringen von außen auf ihn ein. Er sieht die Farben, hört die Töne. Seine Empfindungen, seine Gedanken entstehen in ihm, während er die Farben sieht, die Töne hört. Seiner eigenen Natur entstammen diese. Er fragt sich: wie komme ich dazu, aus Eigenem etwas zu dem hinzuzufügen, was die Welt mir überliefert. Es erscheint ihm ganz willkürlich, aus sich heraus etwas zur Ergänzung der Außenwelt zu holen. In dem Augenblicke aber, in dem er sich sagt: das, was ich da fühle und denke, das bringe ich nicht aus Eigenem zur Welt hinzu; das hat ein anderes, höheres Wesen in sie gelegt, und ich hole es nur aus ihr heraus: in diesem Augenblicke ist er beruhigt. Man braucht dem Menschen nur zu sagen: du hast deine Meinungen und Gedanken nicht aus dir selbst, sondern ein Gott hat sie dir geoffenbart: dann ist er versöhnt mit sich selbst. Und streift er den Glauben an Gott ab, dann setzt er an seine Stelle: die natürliche Ordnung der Dinge, die ewigen Gesetze. Daß er diesen Gott, diese ewigen Gesetze nirgends in der Welt draußen finden kann, daß er sie vielmehr erst zu der Welt hinzuerschaffen muß, wenn sie da sein sollen: das will er sich zunächst nicht eingestehen. Es wird ihm schwer, sich zu sagen: die Welt außer mir ist ungöttlich; ich aber nehme mir, kraft meines Wesens, das Recht, das Göttliche in sie hineinzuschauen.» [109] … «Es muß sich an der Erkenntnis des Menschen rächen, wenn dieser die Vermittlung des Geistes mit der Natur, die er selbst vollziehen soll, durch äußere Mächte vollzogen denkt. Er sollte sich in sein Inneres versenken und da den Anknüpfungspunkt der Sinnenwelt an die ideelle suchen. Blickt er statt dessen in die Außenwelt, um diesen Punkt zu finden, so wird er, weil er ihn da nicht finden kann, einmal notwendig zu dem Zweifel an aller Versöhnung der beiden Mächte kommen müssen.»
Es müßte jetzt klar sein, daß die Handlung der Veränderung in ihrem Zusammenhang mit dem Text Rudolf Steiners gesehen werden kann. Wer noch nicht sieht, wie die ästhetische Spiegelung im Text-‹Geschehen› wirkt, das jetzt das ‹Weltgeschehen› (also unsere Herausgeberin und mit ihr die Personen, die jetzt mit ihrer Handlung zu tun haben) mit einbezieht, und wie der zweifelhafte Text dadurch zum authentischen Original-Text Rudolf Steiners wird, der mag sich unter dem Vorbehalt, daß es sich nur um eine didaktische Demonstration handeln kann die folgende, nun von mir veränderte Textfassung ansehen. Denn um selbst zu hören, inwiefern diese Sätze Rudolf Steiners auf den hier besprochenen Fall sich beziehen, braucht man sich nur klar zu machen, was da der Form nach jeweils geschrieben steht. Dazu mache man sich vorbereitend deutlich: Der Text Rudolf Steiners ist zunächst ebenso Sinneswahrnehmung wie ein beliebiges Ding der Außenwelt. Dies ist er sogar in erhöhtem Maße. Denn wenn wir der Außenwelt gegenübertreten, so meldet sich das begriffliche Bedürfnis bei uns nicht immer so stark, wie dies gegenüber einem Text Rudolf Steiners, der durch seine bewußt schwierige Stilisierung dieses Bedürfnis geradezu hervorrufen möchte, der Fall sein kann und soll.
Man könnte nun, dies bedenkend, wie folgt an dem Text nachsinnen:
«Es ist mir jetzt erklärlich, daß ich so denke. Die Eindrücke der Sinne dringen von außen auf mich ein. Ich sehe die Buchstaben des Textes, höre die Worte, wenn ich die Sätze nachspreche. Meine Empfindungen und Gedanken entstehen in mir, während ich die Worte lese, die Sätze höre. Ich weiß: Meiner Natur als Mensch sollen diese entstammen. Ich frage mich: wie komme ich dazu, aus Eigenem etwas zu dem hinzuzufügen, was Rudolf Steiner schreibt. Es erscheint mir ganz willkürlich, aus mir heraus etwas zur Ergänzung des äußeren Textes zu holen. In dem Augenblicke aber, in dem ich mir sage: das, was ich da fühle und denke, das bringe ich nicht aus Eigenem zum Text hinzu; das hat ein anderes, höheres Wesen in ihn gelegt, und ich hole es nur aus ihm heraus: in diesem Augenblicke bin ich beruhigt. Man braucht mir nur zu sagen: du hast deine Meinungen und Gedanken nicht aus dir selbst, sondern ein Gott hat sie dir geoffenbart: dann bin ich versöhnt mit mir selbst. Und streife ich den Glauben an Gott ab, dann setze ich an seine Stelle: die natürliche Ordnung der Dinge, die ewigen Gesetze. Daß ich diesen Gott, diese ewigen Gesetze nirgends im Textkorpus draußen finden kann, daß ich sie vielmehr erst zu dem Text hinzuerschaffen muß, wenn sie da sein sollen: das will ich mir zunächst nicht eingestehen. Es wird mir schwer, mir zu sagen: der Text außer mir ist ungöttlich; ich aber nehme mir, kraft meines Wesens, das Recht, das Göttliche in ihn hineinzuschauen.» Denn dann müßte ich mich doch fragen, wie ich mir dieses Recht erwerben kann. «Der Mensch hat gewiß das Recht, sein Auge dem Lichte entgegenzuhalten; aber er muß dieses Recht erwerben.»[12] Wenn ich mich über die rechte Art dieses Erwerbs nicht aufklären kann, werde ich zu der Meinung neigen, das Recht des Hineinlegens meiner eigenen Auffassungen in die Texte Rudolf Steiners sei mir durch höhere geistige Mächte verliehen worden, oder ich hätte einen gewissermaßen natürlichen oder auch amtlichen Anspruch auf die richtige ‹Auslegung›. Eine solche Meinung bleibt aber nicht ohne Folgen: «Es muß sich an der Erkenntnis des Menschen rächen, wenn dieser die Vermittlung des Geistes mit dem Text, die er selbst vollziehen soll, durch äußere Mächte vollzogen denkt.» Worin besteht diese Rache? Verlieren wir das Bedürfnis und die Fähigkeit, Erkenntnis anzustreben? Verfallen wir in den Irrtum, daß wir den angeblich referierbaren Inhalt der Mitteilungen Rudolf Steiners wie ‹Erkenntnisse› behandelt? Geraten wir unter die Knechtschaft der Idee? «Man muß sich der Idee erlebend gegenüberstellen können, sonst gerät man unter ihre Knechtschaft.»[13] Um dies zu vermeiden, «sollte ich mich, so Rudolf Steiner, in mein Inneres versenken und da den Anknüpfungspunkt des sinnliche gegebenen Textes an die ideelle Welt meines Innern suchen. Blicke ich statt dessen in die Außenwelt, um diesen Punkt zu finden, so werde ich, weil ich ihn da nicht finden kann, einmal notwendig zu dem Zweifel an aller Versöhnung der beiden Mächte Natur und Geist, Welt und Seele, Text und Leser kommen müssen.»
Und weiter kann man so nachsinnen, indem man zur Seite 115 vorschreitet:
«Es ist durchaus möglich, sich das Hervorgehen des Textes der Werke Rudolf Steiners analog gewissen, sinnenfälligen Prozessen vorzustellen, die sich täglich vor unseren Augen abspielen, wenn wir andere Leute ihre Bücher schreiben sehen. Und der Trieb, sich das Werk Rudolf Steiners im Sinne einer solchen Analogie vorzustellen, blieb auch noch vorhanden, wenn das reine Denken und sein Inhalt, die Ideenwelt, zum Urquell alles Seins gemacht worden sind. Wir sind wohl reif, einzusehen, daß die geistige Welt höher steht als die sinnliche, daß sich der tiefste Weltgehalt im Innern des Menschen offenbart; aber wir sind nicht sogleich auch reif, uns das Verhältnis zwischen sinnlicher und ideeller Welt auch ideell vorzustellen. Wir stellen es uns oftmals sinnlich, als ein tatsächliches Hervorgehen vor. Würden wir es uns geistig denken, so könnten wir ruhig zugestehen, daß der Inhalt der Ideenwelt nur im Innern des Menschen vorhanden ist. Denn dann braucht das Höhere dem Abgeleiteten nicht zeitlich voranzugehen. Ein Sinnending, wie es ein Text zunächst ist, kann einen geistigen Inhalt offenbaren wenn er denn entsprechend formuliert ist und denkend erarbeitet wird; aber dieser Inhalt kann im Momente der Offenbarung erst aus dem Sinnendinge heraus geboren werden. Er ist ein späteres Entwicklungsprodukt als die Sinnenwelt. Stellt man sich das Verhältnis aber als ein Hervorgehen vor, so muß dasjenige, woraus das andere hervorgeht, diesem letzteren auch in der Zeit vorangehen. Auf diese Weise wird von uns das Kind, die geistige Welt der Sinnenwelt, zur Mutter der letzteren gemacht. Dies ist der psychologische Grund, warum wir unsere Welt hinausversetzen in die äußere Wirklichkeit, und von dem, was unser Eigentum und Produkt ist, behaupten: es habe ein für sich bestehendes, objektives Dasein und wir und Rudolf Steiner hätten ‹uns› ihm unterzuordnen, beziehungsweise wir könnten uns nur in dessen Besitz setzen durch Offenbarung oder auf eine andere Weise, durch die die einmal fertige Wahrheit ihren Einzug in unser Inneres halte. Diese Deutung, die wir dem Streben des Menschen nach Wahrheit, seinem Erkennen geben, entspricht einem tiefen Hange unserer Natur.»
…
Solches Nachsinnen am gegebenen Text Rudolf Steiners kann vielleicht das Gefühl erwecken: Dieser Autor spricht durch seine Schriften immerzu mit uns, wenn wir sie nur in der richtigen Art lesen. «Man nehme doch ein solches Buch, wie dieses ist, wie ein Gespräch, das der Verfasser mit dem Leser führt.» sagt Rudolf Steiner in ‹Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?›[14] Selbstverständlich ist die hier versuchte vielleicht seltsam anmutende Leseweise nicht die von Rudolf Steiner geforderte Lese-Art und Kunst. Diese müßte noch ganz anders und vor allem sehr viel tiefer mitvollziehend in die geheimnisvollen Bewegungen und Gebärden des rein grammatisch-syntaktischen Sub-Textes eintauchen, um die Aktualität des dann Hörbaren durch die innere Deutung der Zeichen (im Sinne einer geisteswissenschaftlichen Semiotik) erlebbar zu machen. Der hier erfolgte Ersatz bestimmter Worte durch andere soll ja nur andeuten, daß ein Text Rudolf Steiners sich womöglich stets auf die bestimmte Situation bezieht, in welcher der individuelle Leser sich befindet. Es ist wie ein Übermalen gewisser unter der Oberfläche des Textes liegender geheimnisvoller Formen, um deren Vorhandensein anzudeuten. Das Bemalen derselben aber ist eigentlich ein barbarischer Akt und nur dadurch zu rechtfertigen, daß dadurch etwas bemerklich werden könnte, was auf dem Wege der abstrakten schriftlichen Formulierung nicht leicht verständlich gemacht werden kann. Worauf aufmerksam gemacht werden sollte, das ist aber eher in der je eigenen inneren Reaktion auf diesen Versuch zu suchen als seiner problematischen Ausführung.
Das Vergehen der Lektorin L. gegenüber dem Text Rudolf Steiners kann, indem wir es im Text Rudolf Steiners widergespiegelt sehen, jetzt eher als ein Symptom dafür betrachtet werden, daß der uns eigene Hang, uns unseren eigenen Produkten zu unterwerfen, so leicht nicht überwunden werden kann. Er wirkt auch dann als weltanschauliche Grundorientierung, indem wir uns mit der dieser verhängnisvollen Tendenz strikt entgegengerichteten anthroposophischen Weltorientierung identifizieren möchten. Die echte Auseinandersetzung mit den Wortlauten Rudolf Steiners führt deshalb wohl immer zuerst zu dem Kampf gegen die eigene sonst unbewußte weltanschauliche Grundorientierung. Deshalb ist vor dem Beginn des eigentlichen Studiums die Schulung des inneren Mutes nötig. Denn nur wenn man sich dessen bewußt ist, daß es in der Natur der Anthroposophie liegt, eine prinzipielle und radikale Gegnerschaft hervorzurufen, und zwar in mir und in jedermann, wird man sich zu der geforderten anthroposophischen Auffassung der Anthroposophie hinbändigen wollen. «Jedermann ist sich dessen bewußt, daß sein Denken im Konflikt mit der Wirklichkeit angefacht wird.»[15] Der unheimlichste, weil immer unbekannte Gegner der Anthroposophie, so lautet die erste anthroposophische Selbst-Erkenntnis, ist man immer selber. Gerade diese Einsicht besagt aber: Der Weg zur Verwandlung der natürlichen Gegnerschaft in eine Freundschaft mit der Anthroposophie ist für das mutvolle Studium der Schriften Rudolf Steiners offen. Man müßte diesen Weg allerdings auch gehen wollen. Wohin er führt, wird man wohl erfahren müssen.
Gegen neue Gedanken und Erfahrungen wirken in uns gewisse sehr sichere Selbstschutzmechanismen. Goethe stellte bekanntlich fest: «Man hört doch nur, was man versteht.» Dasselbe kann man heute wohl auch vom Lesen sagen. Läßt man sich dies überhaupt sagen, so besteht die Frage darin, ob man sich der darin gegebenen Gefahr des unbewußten Mißverstehens mit den entsprechenden Folgen für die eigene Handlungsweise umfänglich bewußt werden will. Denn wäre ich mir derselben bewußt, so würde ich dem eigenen ‹Verständnis› sicher mit erheblicher Distanz gegenüberstehen und zumindest den immer erneuten prüfenden Vergleich des angeblich Verstandenen mit dem zu verstehenden Text suchen. Wenn solche Distanz auch bei den Gebildeteren heute vielfach ungenügend ausgebildet scheint, so liegt dies zu einem großen Teil an der Art und Weise, wie uns schon als Kindern der Unterricht im Lesen und Schreiben bzw. im Schreiben und Lesen, wie es an den Waldorfschulen heißen müßte erteilt wurde und wie es heute in oft verschlimmertem Maße geschieht. Man darf sagen: Der verborgene Hintergrund des Schreib- und Lesevorgangs wird von uns oft nicht einmal anfänglich durchschaut. Blind gegenüber den eigenen unbewußt bleibenden ‹kulturtechnischen› Voraussetzungen steht man als Produkt des heutigen aber auch des angeblich ‹alternativen› Schulsystems dem Text Rudolf Steiners gegenüber. Das heißt, man steht eigentlich diesem Text gar nicht gegenüber, man gleitet vielmehr unbemerkt über die Schwelle des Bewußtseins in eine Text-Illusion hinein. In solcher Illusion befangen, kann man bald nicht mehr unterscheiden, was der Text und was das eigene Verständnis des Textes ist. Das ist dann der neue Analphabetismus. Man vergißt, daß man doch selber liest. Statt dessen liest es sich ‹automatisch›. Dies mag für manche Lebensgebiete wünschbar sein; auf anthroposophischen Gebiet ist dieser Mechanismus fatal. Die Folge ist nämlich, daß der Autor Rudolf Steiner als solcher aus dem Bewußtsein verschwindet. Das Denk- und Lese-Gewissen wird außer Kraft gesetzt. Man meint, was man ‹einfach verstanden› habe, stehe auch ‹objektiv› im Text: Der Autor habe eben das sagen wollen, was man selbst als den angeblichen ‹Sinn› zu dem Text hinzugefügt hat, ohne es zu bemerken. Vielfach macht man sich nicht einmal klar, daß es solche unbekannten Voraussetzungen des lesenden Verstehens überhaupt gibt. Man meint, man lese unbefangen, ‹was da steht›, weil man gar kein Problem dabei erkennen oder erfühlen kann. Man sagt sich dann halb träumend: Wenn ich als Leser einmal etwas nicht verstehe, dann muß der Autor schuld daran sein. Man betrachtet es vielfach als eine undenkbare Zumutung, sich und seine Bildung in dieser Hinsicht selbst zu überprüfen oder in Frage stellen zu lassen. Denn diese Prüfung würde an den vermeintlichen Grundfesten des eigenen Selbstverständnisses rütteln.
So verschmilzt der ungeschulte Leser, der un- oder halbbewußt über die Schwelle gleitet, statt für seine lesende Denk-Tätigkeit zu erwachen, unversehens immer mehr mit einer ihm dunkel bleibenden Gestalt, den er den ‹Autor› nennt; die Bewußtseinskonturen, die Grenzen des Bewußtseins lösen sich auf, was bis zur völligen Identifikation der eigenen oder einer anderen Person mit einer traumhaft-magisch wirkenden Gegengestalt eines okkulten Autors führen kann, die man bloß aus Gewohnheit ‹Rudolf Steiner› nennt. In einem Brief Rudolf Steiners aus München vom 9. Januar 1905 an Marie von Sivers heißt es:
«In den Köpfen der sogenannten Theosophen wird sich noch einmal aller Materialismus unseres Zeitalters am krassesten spiegeln. Weil die theosophische Gesinnung selbst eine so hohe ist, werden diejenigen, die nicht ganz von ihr ergriffen werden, gerade die schlimmsten Materialisten werden. An den Theosophen werden wir wohl noch viel böseres zu erleben haben, als an denen, die nicht von der theosophischen Lehre berührt worden sind. Die theosophische Lehre als Dogmatik, nicht als Leben aufgenommen, kann gerade in materialistische Abgründe führen. Wir müssen das nur verstehen. Sieh Dir einmal Keightley an. Der ist auf dem besten Wege, eines der schlimmsten Opfer der Theosophie zu werden. Ohne Theosophie wäre er ein schlichter, unbegabter, aber wahrscheinlich braver Gelehrter geworden. Durch die Theosophie wird er ein hochmütiger, neidischer, nörgelnder Streber. Das sind Erwägungen, denen der Okkultist immer wieder nachhängen muß, wenn er daran denken soll, die hohe Weisheit der heiligen Meister in das Publikum zu streuen. Das ist seine große Verantwortlichkeit. Das ist es, was uns die Brüder immer entgegenhalten, die im Okkultismus konservativ bleiben und die Methode des Geheimhaltens auch ferner pflegen wollen. Und kein Tag vergeht, an dem die Meister nicht die Mahnung deutlich ertönen lassen: ‹Seid vorsichtig, bedenkt die Unreife eures Zeitalters. Ihr habt Kinder vor euch, und es ist euer Schicksal, daß ihr Kindern die hohen Geheimlehren mitteilen müßt. Seid gewärtig, daß ihr durch eure Worte Bösewichter erzieht.› Ich kann Dir nur sagen, wenn der Meister mich nicht zu überzeugen gewußt hätte, daß trotz alledem die Theosophie unserem Zeitalter notwendig ist: ich hätte auch nach 1901 nur philosophische Bücher geschrieben und literarisch und philosophisch gesprochen.»[16]
Man meint dann, was man jeweils ‹gefunden› oder ‹gedacht› habe, was einem ‹geoffenbart› oder ‹inspiriert› wurde, sei der eigentliche, wahre, unbezweifelbare Sinn des von Rudolf Steiner so vielfältig Ausgeführten. Zugleich wird jede Infragestellung dieses je eigenen sakrosankten ‹Verständnisses› der Aussagen dieses Autors nicht mehr als die ersehnte Erlösung von einem Übel erlebt, sondern als Bedrohung des eigenen Selbstverständnisses oder gar ‹Wesens›. Der Kundige erkennt darin Symptome des von der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners so bezeichneten Schwellenübertritts.
Diese Gefahr bemerkend, sind manche von uns eher bereit, die schwer verständlichen Texte Rudolf Steiners auf das Niveau eines banalen Referats herunterzuholen und sie damit sozial verfügbar zu machen, oder die Begegnung mit diesen gefährlichen Texten sogar ganz zu meiden. Die zunächst naive Vertrauensseligkeit in das eigene Verstehensvermögen wird dann durch eine resignative Verzweiflung abgelöst, welche gelegentlich sogar leugnet, daß es in den Texten Rudolf Steiners überhaupt noch etwas zu verstehen gibt: Man habe die Anthroposophie bereits ‹vor der Geburt aufgenommen› und ein Studium nicht mehr nötig. So behandeln wir ‹die geistige Welt›, also die Anthroposophie Rudolf Steiners, vielfach als eine krude Faktizität, die unabhängig von dem Gedankenprozeß ihrer Entstehung wirklich und das heißt eben doch gedankenlos vorhanden sein soll. Zu der man also Beziehungen aufnehmen kann, ohne daß dasjenige, worauf man sich bezieht, erst im eigenen Denken ausgebildet werden müßte.
Wäre dies alles in der Tat so, wie wir manchmal meinen, dann bräuchte man im Grunde die Schriften Rudolf Steiners nicht, um zur Anthroposophie in eine befriedigende Beziehung zu treten. Man könnte meinen, ohne den ‹Umweg› über die schwierige Arbeit an den noch schwierigeren Textformulierungen Rudolf Steiners direkt und selber nachsehen zu können, was denn an den Mitteilungen Rudolf Steiners über die ‹objektive› geistige Welt ‹so dran› ist. In diesem absonderlichen Sinne möchten heute aber immer mehr Leute die Sache der anthroposophischen Geisteswissenschaft ansehen.
Daß solche Auffassungen, wenn sie sich unerkannt verbreiten, für die wirtschaftliche Seite einer ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› nicht ohne Folgen bleiben kann, ist selbstverständlich. Die Folgen sind ja bereits eingetreten: Die Verkaufszahlen gehen seit mehreren Jahren dramatisch zurück. Für die Auffassung, daß der Zugang zur Anthroposophie gar nicht von der genauen Erarbeitung der Texte Rudolf Steiners abhängig ist, da die geistige Welt objektiv und unabhängig vom individuellen Denkakt gegeben sei, liegt die Überlegung vielleicht nicht so ganz fern, die Texte Rudolf Steiners soweit editorisch zu bearbeiten und zu vereinfachen, daß man sie doch wieder verkaufen kann.
Wer es mit der Anthroposophie ernst meint, wird sich fragen müssen, wie solchen Tendenzen entgegengewirkt werden kann. Doch wohl nur durch die Orientierung der Leser der ‹Rudolf Steiner Gesamtausgabe› über den besonderen anthroposophischen Charakter der Texte Rudolf Steiners. Er wird den hier besprochenen Vorgang als Symptom einer Bewußtseinsverfassung zu erkennen suchen, die ihn als Mitglied der Lesergemeinde unserer Zivilisation selbst betrifft. Er weiß dann aus Selbstbeobachtung, wie er als gewöhnlicher Leser nicht weiß, daß er sich den lesenden Zugang zu dem Werk Rudolf Steiners erst ganz von Grund auf erschließen müßte, da er die Kunst des denkenden Lesens im anthroposophischen Buch nicht erübt hat. Ihm ist bewußt, wie er als gewöhnlicher Leser sich nicht bewußt ist, daß es eine solche Kunst geben könnte. Er sieht sich deshalb den anthroposophischen Schriften Rudolf Steiners ganz hilflos gegenüberstehen, ohne diese Hilflosigkeit zu bemerken. Dabei wäre das Bemerken derselben der erste anthroposophische Schritt in Richtung Anthroposophie. Allerdings erfordert das damit verbundene Eingeständnis, von dem hier die Rede ist, in der Durchführung erheblichen Mut. Denn dieses Eingeständnis führt zuerst in eine tiefe Verunsicherung hinein. Und zwar gerade, weil manbegonnen hat, die Wortlaute Rudolf Steiners ganz genau zu studieren. Die Genauigkeit des eigenen Tuns, aus der Kraft der Selbstbeobachtung gespeist, verunsichert den Leser in seinen unbewußten Gewohnheiten erheblich.
Nun kann vielleicht sinnvoll gefragt werden: Sollten wir also tatsächlich Verunsicherungen der Leser auf jeden Fall vermeiden? Nein, Herr Dr. Kugler! Die Verunsicherung durch die Anthroposophie Rudolf Steiners ist notwendig weil und insofern sie ein Ergebnis der eigenen denkenden Tätigkeit ist oder diese anregen kann. Die undenkbar heftigsten Verunsicherungen der gewohnten Bewußtseinshaltung werden zu wichtigsten Erfahrungen auf dem Wege zum selbsterkennenden Verstehen und zum eigenen Schauen des so Verstandenen. Auf die selbst auferlegten, aktiv errungenen Verunsicherungen des gewöhnlichen Verhaltens kam es Rudolf Steiner stets an. Und eben dies muß endlich zum Thema werden, wir müssen lernen, uns in diesem bislang fast völlig unbekannten Gebiet zu orientieren. Denn die Ideenbilder, die Rudolf Steiner wie in seinen Schriften so auch in dem hier behandelten Aufsatz entwickelt, warten darauf, daß wir anfangen wollen, sie nicht bloß intellektuell ‹zu verstehen›, sondern sie zu erleben.
«Wieder stehe ich mit diesem Aufsatz vor dem ‹Tore der Geistwelt›. In der menschlichen Individualität werden die Ideenbilder gezeigt, die den Welt-Inhalt offenbaren. Sie treten auf, so daß sie auf das Erleben warten, durch das in ihnen die Seele in die Geistwelt schreiten kann. Ich hielt in der Schilderung an dieser Stelle ein. Es steht eine Innenwelt da, die zeigt, wie weit das bloße Denken im Weltbegreifen kommt.»[17]
Und wer anders sollte die Frage öffentlich wirksam aufwerfen, wie man sich zu den Texten Rudolf Steiners in das richtige Verhältnis setzen kann als die Rudolf-Steiner-Nachlaßverwaltung und der Rudolf-Steiner-Verlag, und sei es auch nur dadurch, daß man sich dort entschließt, den Leser nicht vormundschaftlich und fürsorglich zu lenken und zu leiten, sondern ihm durch Offenlegung der Tatsachen Gelegenheit geben, sich denkend in die Geheimnisse der Rudolf Steiner-Editionen einzuweihen?
Wer jedoch jetzt schon an den Vorworten und Einleitungen Rudolf Steiners zu seinen Schriften nicht achtlos vorübereilt, sondern sie als Unterweisungen an der Schwelle der anhand der Texte Rudolf Steiners aufzufindenden geistigen Wirklichkeit auffassen will, der kann auch jetzt schon sicher wissen, wie unsicher er aus eigener Einsicht über seine mitgebrachten Fähigkeiten eigentlich sein müßte:
«Wie man Bücher in unserem Zeitalter zu lesen pflegt, kann dieses nicht gelesen werden. In einer gewissen Beziehung wird von dem Leser jede Seite, ja mancher Satz erarbeitet werden müssen. Das ist mit Bewußtsein angestrebt worden. Denn nur so kann das Buch dem Leser werden, was es ihm werden soll. Wer es bloß durchliest, der wird es gar nicht gelesen haben. Seine Wahrheiten müssen erlebt werden. Geisteswissenschaft hat nur in diesem Sinne einen Wert.» [18]
Freiburg im Breisgau, am 28. September 2004 Rüdiger Blankertz
[1] «Methodische Grundlagen der Anthroposophie. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwissenschaft, Ästhetik und Seelenkunde 1884 1901» 3. Auflage, Dornach 1989
[3] In der Internet-Ausgabe der ‹Rudolf Steiner Gesamtausgabe› heißt es seit dem 26. September 2004 auf Seite 2: «Unterschiedlich authentische Quellen:
Den geschriebenen Werken Rudolf Steiners (GA 1 bis 45) liegen die von ihm selbst veröffentlichten Ausgaben zugrunde; im allgemeinen folgt die Gesamtausgabe den Ausgaben letzter Hand. Eine grundsätzliche Problematik ist dagegen mit dem gesamten Vortragswerk (GA 61 bis 354) verbunden. Öffentlichkeit interner Darstellungen:
Rudolf Steiner wollte die uneingeschränkte Öffentlichkeit für alle seine Publikationen, auch der internen Vorträge. Damit ist aber der Vorbehalt verbunden, dass zum Verständnis dieser Vorträge Kenntnisse der Anthroposophie gefordert sind, die er bei den jeweiligen Zuhörern bereits voraussetzen konnte.»
[4] Rudolf Steiner, ‹Die Geheimwissenschaft im Umriß›, Vorrede zur Ausgabe letzter Hand, 1925, S. 12f
[5] In diesem Zusammenhang muß die interessante Arbeit von Robert Völpel ‹Grundlagen der Literaturgeschichte› erwähnt werden [Hamburg 1930; die Wiederveröffentlichung ist erhältlich beim Verfasser oder unter www.menschenkunde.com online herunterzuladen].
[6] Rudolf Steiner «Mein Lebensgang», GA 28, S. 407. Dort findet man weitere Gesichtspunkte für die Intention und den Inhalt dieses Aufsatzes.
[7] ‹Die Philosophie der Freiheit›, ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› Nr. 4, 1958, S. 45
[8] ebd. S. 48; Hervorheb. durch mich, RB
[9] am 1. Februar 1916 in Berlin (GA 166). Den Hinweis auf diese Stelle verdanke ich Andreas Wilke.
[10] Rudolf Steiner «Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens - und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung.» GA 7, 1960, S. 21
[11] Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich versuchen, in einer gesonderten Arbeit darauf einzugehen. RB
[12] Rudolf Steiner: «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› Nr. 10, S. 20.
[13] Rudolf Steiner, ‹Die Philosophie der Freiheit› GA 4, 1958, S. 272
[14] ‹Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe› Nr. 10, 1961, S. 222
[15] Rudolf Steiner: ‹Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller›, GA 2, 1958, S. 26
[16] ‹Rudolf Steiner Gesamtausgabe› Nr. 262, Ausgabe 2002, Seite 86
[17] Rudolf Steiner in ‹Mein Lebensgang›, eben dort.
[18] Rudolf Steiner, ‹Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung›, in der Vorrede zur 3. Auflage
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