Rüdiger Blankertz
Gerhard Kienle und Karl Ballmer
oder:
Das Recht Rudolf Steiners in der Anthroposophie
[1983-2004]
Zugleich ein Nachtrag zu
Karl Ballmer:
Briefwechsel über die motorischen Nerven
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Gerhard Kienle und Karl Ballmer
Siehe auch:
Karl Ballmer:
Briefwechsel über die motorischen Nerven
Rüdiger Blankertz, Gerhard Kienle und Karl Ballmer Anmerkung zur Biographie Gerhard Kienles
Gerhard Kienle: Anthroposophisch-medizinische Forschung und Öffentlichkeit - Vortrag vom 20. November 1982
Inhalt
Vorbemerkung. 7
I. Anthroposophische Bewegung. 9
1. Das Problem Rudolf Steiner. 10
2. Die Rolle der Intelligenz. 11
3. Die Begründung des Problems RUDOLF STEINER.. 16
4. Das Problem RUDOLF STEINER tritt auf 22
5. Die Kernpunkte des Problems RUDOLF STEINER.. 29
6. «Anthroposophische Orientierung».. 40
7. Anthroposophische Bewegung. 45
II. Das Recht Rudolf Steiners in der Anthroposophie eine Rettung?. 55
Rudolf Steiners Recht in der Anthroposophie. 57
1. Zum Problem Rudolf Steiner. 67
2. Karl Ballmer und Gerhard Kienle. 67
3. Anthroposophische Bewegtheit. 70
Vorbemerkung
Die Frage der Motilität des Menschen erlangt erst durch die Begegnung mit dem Werk Rudolf Steiners ihre eigentliche Bedeutung. Diese Begegnung fordert, die Frage nach der Bewegung des Menschen anthroposophisch zu stellen. Dazu müßte man allerdings schon «anthroposophisch» denken. Indem wir feststellen, daß wir dies noch nicht vermögen, ist unsere Denkbewegung bereits ein Problem. Aber wir treten an die uns von Rudolf Steiner gestellte Aufgabe eben dadurch näher heran. Anthroposophie kommt nach Rudolf Steiner aus der durch ihn begründeten anthroposophischen Bewegung. Also kommt die richtige Frage nach der Anthroposophie auch aus der anthroposophischen Bewegung. Ihrem Inhalt nach ist diese Frage: die Frage der anthroposophischen Bewegung nach sich selbst (der anthroposophischen Bewegung), und damit «die Frage der Anthroposophie Rudolf Steiners» . Es ist das Problem meiner eigenen Bewegung als Fragender aufzuwerfen. Die Frage richtig stellen, heißt doch: in anthroposophische Bewegung einzutreten. Also fragen wir doch gleich nach dem, was anthroposophische Bewegung sein soll. Und bleiben doch beim Thema.
Vorab: Karl Ballmers «Briefwechsel über die motorischen Nerven» ist keiner. Denn Herr Dr. Poppelbaum antwortete ausweichend, und Herr Dr. Kienle antwortete gar nicht. Das ist verständlich. Karl Ballmer präsentiert das Problem so, daß deutlich wird: Das Problem ist viel näher, als man wahrhaben will. Es betrifft mein Selbstverständnis als «Anthroposoph». Aber wie soll man auf das eingehen können, was Ballmer schreibt? Man wird schmerzlich daran erinnert, daß man etwas vergessen hat. Man hat vergessen, daß «Die Anthroposophie Rudolf Steiners» ein Genitiv ist. Der donnernde Glockenschlag dieses «Zeugungsfalles» erschüttert das 20. Jahrhundert. Erschüttert er aber auch die Anthroposophen? Die letzten Äußerungen Gerhard Kienles beweisen es. In diesem Fall. In jedem Fall?
Anthroposophie ist nur aus der Anthroposophie heraus zu verstehen. Das sagt Karl Ballmer. Dieser Satz besagt: Der Name und das Werk Rudolf Steiners dürfen nicht getrennt werden. Mit dieser anthroposophischen Selbstverständlichkeit geht Karl Ballmer auf Gerhard Kienle zu. Gerhard Kienle weicht aus. Diese beiden Bewegungen vollziehen sich im Namen des Werkes Rudolf Steiners. Also muß anthroposophische Bewegung vorliegen. Es gilt, sie zu entdecken. Und damit die ihr entsprechende Frage nach der Bewegungsfähigkeit des Menschen. Die Antwort wird Anthroposophie heißen. In dem Falle Gerhard Kienle offenbart sich diese Antwort erst im nachhinein. Muß das so sein?
Ach ja! Das Gespräch. Karl Ballmer hat es «vergällt». Ein Solipsist? Ein verbitterter Einsamer? Wie nett ist man doch heute zueinander. Tolerant. Ballmers Verständnis von Toleranz ist im «Briefwechsel» dokumentiert. Nun ja. Wir wissen, wie diese Schrift bisher aufgenommen wurde. Aber sie wirkt.
Es gibt keine Verständigung zwischen Anthroposophen ohne Rudolf Steiner. Rudolf Steiner ist die geforderte Verständigung. Eine «Verständigung» zwischen Anthroposophen ohne Rudolf Steiner riecht nach der vielfach praktizierten Übereinkunft: Darüber reden wir nicht. Für Ballmer gibt es keine solche Übereinkunft. Er nennt das Thema, über das nicht zu reden man sich geeinigt hat. Es heißt: Die Anthroposophie Rudolf Steiners. Und zwar als Genitiv. Das vergällt das Gespräch.
Man wird aber wohl darauf warten müssen, daß eine kommende Generation die Empfindungsvoraussetzungen mitbringt, die es ihr ermöglicht, sich auf die von Ballmer demonstrierte Einheit von Vorgehen und Inhalt bewußt einzulassen, als der entsprechenden sachlich anthroposophischen Ebene. Sie wird die Frage Kienles beantworten: Aber wie?
Berlin, im November 1999 Rüdiger Blankertz
I. Anthroposophische Bewegung
Was ist «anthroposophische Bewegung»? Diese Frage wird uns von Rudolf Steiner präsentiert. Er ist die Ursache dieser Frage. Behufs einer möglichen Antwort haben wir das Problem zu lösen, das diese Frage zuerst aufwirft: Wie soll man diese Frage überhaupt verstehen? Damit aber ist für uns das Problem Rudolf Steiner aufgeworfen. In welchem Verhältnis stehen wir zu ihm, und damit zu dieser Frage? Ich gehe zunächst auf diesen Aspekt ein.
1. Das Problem Rudolf Steiner
Karl Ballmer stellt fest: Dr. Kienle nimmt bei seinen wissenschaftlichen Bemühungen seinen Ausgangspunkt nicht von R. Steiner. Dr. Kienle faßt seine Tätigkeit nur so auf, als gehe er von Rudolf Steiner aus. Die Enthüllung dieser Auffassung als bloße Meinung muß Dr. Kienle ärgern. Warum? Karl Ballmer behauptet: Dr. Kienle bewegt sich in der wissenschaftlichen Welt. Aber er bewegt sich nicht anthroposophisch. Er bewegt sich so, wie es seiner Vorstellung über die «motorischen Nerven» entspricht. Dr. Kienle stellt sich vor, die motorischen Nerven seien diejenigen Nerven, mit denen «der Wille wahrnimmt, wo er eingreifen kann». Unter «Wille» stellt sich Dr. Kienle seinen Willen vor. Und da er für «Wille» keinen Inhalt hat, müssen diejenigen Motive diesen Inhalt liefern, die in seinen Vorstellungen auftreten. Eine dieser Vorstellungen ist z.B. die Anthroposophie mit ihren Aussagen . Diese Aussagen werden mit anderen Aussagen, z.B. denen der physiologischen Wissenschaft, in Beziehung gesetzt. Dr. Kienle ist nämlich Neurologe. Der NichtNeurologe Rudolf Steiner führt aus, es gäbe keine «motorischen Nerven». Das ist für den Neurologen eine Herausforderung. Wozu fühlt er sich herausgefordert?
Dr. Kienle versteht sich als Anthroposoph. Und er versteht sich als Wissenschaftler. In welchem Verhältnis stehen diese beiden Aspekte der Persönlichkeit des Dr. Kienle zueinander? Würde Dr. Kienle behaupten, es gäbe keine motorischen Nerven, wäre seine wissenschaftliche Reputation gefährdet. Andererseits: Die wissenschaftlich angeblich unwiderlegliche Aussage: ‹Es gibt motorische Nerven›, würde aus dem Munde des Anthroposophen Dr. Kienle seine Reputation als Anthroposoph gefährden. Also sucht man eine passable Lösung für dieses Problem. Diese «Lösung» deckt Karl Ballmer schonungslos auf. Es ist die Lösung des Problems Rudolf Steiner auf Kosten Rudolf Steiners. Indem Dr. Kienle die Verständigung mit der Wissenschaft von heute sucht, hat er eine Leiche im Keller. Dr. Kienle muß nämlich aus Rudolf Steiner zuerst eine Quantité négligeable machen, bevor er diese Lösung anbieten kann. Die Aufdeckung dieser Untat ist Karl Ballmers Beitrag zur anthroposophischen Bewegung. Zum anthroposophischen Procedere. Zum anthroposophischen Prozeß.
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